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Dream Control bei Pforten der Wahrnehmung

Seit dem 13. September ist im Osthaus Museum Hagen Christoph Bölls Film-Ausstellung "Pforten der Wahrnehmung" zu sehen.  Am 18. und 19. konnte man einige von Bölls Filmen zusammen mit einem Konzert des neuen Musik-Projekts "Dream Control" sehen.  Dream Control besteht aus Steve Schroyder und Zeus B. Held.

Ich kannte Steve Schroyder bisher nur als ein ehemaliges TD-Mitglied aus den frühen 70er Jahren, genauer gesagt von der "Alpha Centauri" - eine TD-Phase, die nicht unbedingt zu meinen musikalischen Favoriten gehört (ich bin eher in den frühen 1980ern in der Schmoelling-Zeit "EM-sozialisiert" worden).  Und von Zeus B. Held kannte ich noch gar nichts - also alles in allem ideale Voraussetzungen, um einmal unvoreingenommen und mit offenen Ohren reinzugehen und sich überraschen zu lassen.  Um es vorwegzunehmen: die Überraschung war dann von der angenehmsten Art.

Das Event wurde von Christoph Böll eingeleitet, der die Zielrichtung seiner Filme beschrieb.  Er möchte damit für den Betrachter eine neue Wahrnehmungsebene eröffnen, so wie man es vielleicht früher einmal mit Drogen gemacht hat.  In diesem Sinne wurden seine Filme von drei Beamern parallel auf die Wände des Raumes projiziert, so daß man als Zuschauer ein "mittendrin"-Gefühl hatte.  Im ersten Abschnitt wurden verfremdete Bilder eines Jahrmarkts gezeigt, die Musik dazu war vergleichsweise wenig rhythmisch, aber keineswegs ruhig oder 'ambient'.  Sie war ganz im Gegenteil kraftvoll und unterstrich so die Idee, daß der Zuschauer und -hörer sich 'versenken' sollte.

Der zweite Teil hatte dann das Thema "Stahl".  Passend zu den Bildern technischer Dinge und Einrichtungen war die Musik härter und jetzt auch rhythmischer.

Ab dem dritten Teil kam dann als Special Guest das Duo "Alien Voices" hinzu, bestehend aus Kolja Simon und Felix Mönnich.  Die Spezialität der beiden ist Kehlkopf- und Obertongesang, was den restlichen Teilen einen Akzent hinzufügte.  Und es wurde von Stück zu Stück besser: druckvoll, mitreißend, niemals langweilig, engagiert dargeboten, und das letzte Stück hatte fast Pop-artigen Charakter, man hätte dazu beinahe tanzen wollen.  Die vom Publikum geforderte Zugabe setzte das nahtlos fort.

In der Summe war dieses Event nicht nur für mich ein musikalisches Highlight.  An keiner Stelle irgendwie "verkopft" oder elitär, wie man das vielleicht gedacht hatte, sondern voller Spielfreude und Engagement und mit einer großen stilistischen Bandbreite.  Bleibt zu hoffen, daß man "Dream Control" nicht zum letzten Mal live gesehen hat.

Christoph Bölls Filme sind noch bis zum 14. November in Osthaus Museum Hagen zu sehen.

Alfred Arnold

Über Empulsiv

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