Was schreibt man über über ein Event, das es schon seit einigen Jahren gibt und das man fast ebenso lange besucht, ohne sich zu wiederholen? Dass es jedes Jahr doch wieder etwas einzigartiges ist und sich nur im Ort und Zeitpunkt, aber eben nicht im Inhalt wiederholt. Stefan Erbes (Mini-)Konzerte auf der Essener Astronomie-Börse sind schon eine Tradition: Ein Gymnasium wird für einen Tag zu Europas größtem Marktplatz für alles, was der Hobby-Astronom braucht. Ein Kunstraum, in dem ansonsten gemalt und geformt wird, wird mit Leinwand, Lautsprechern und gut 40 Sitzplätzen zum Konzertsaal umgewidmet. Zwei über den Tag verteilte Konzerte gestatten es den Besuchern, das Thema "Weltall und Sterne" auch einmal aus einer musikalisch-künstlerischen Warte zu betrachten.
Dieses Jahr spielt Stefan wieder solo, das Duo "Baltes und Erbe" macht in 2018 eine kleine Kreativpause. Aber auch solo hat Stefan mit seinem aktuellen Album "Genesys" Material im Gepäck, das sehr gut zu diesem Anlass passt. Aus dem Albumtitel "Genesys" macht die Ankündigung per Lautsprecher-Durchsage übrigens den Namen einer bekannten Rockband - enttäuschte Zuschauer, die etwas andere Klänge erwartet haben, gibt es aber trotzdem nicht.
Die beiden Konzertblöcke sind zeitlich so gelegt, dass sie nicht mit den anderen Vorträgen und Seminaren konkurrieren. Der erste Teil soll um halb eins beginnen, und nach den Erfahrungen vergangener Jahre bin ich heute auch hinreichend früh losgefahren, um seinen Anfang nicht zu verpassen. Man muss beim ATT auch immer ein wenig Zeit für die Suche nach einem Parkplatz und den Fußweg von dort bis zum Gymnasium am Stoppenberg einplanen, denn direkt an der Schule ist nur mit sehr viel Glück ein Platz zu bekommen. Beamer, Lautsprecher und Instrumente sind längst aufgebaut, als ich da bin. Über die Lautsprecher läuft ein Mix von Titeln verschiedener Erbe-Alben, und auf der Leinwand zur Einstimmung die passenden Astro-Videos. Eine Viertelstunde vorher beginnt der letzte Soundcheck, es läuft jetzt ein Track von Software, den Stefan wohl noch von seinem letzten "Sound of Sky" auf der Platte hat.
Die vierzig aufgestellten Stühle erweisen sich als gut geschätzt, zwei Drittel davon sind auch besetzt, als es so weit ist. Dem intimen Rahmen angemessen, nimmt sich Stefan noch etwas Zeit für ein Vorwort und eine persönliche Ansprache. Mit nur zwei statt vier Händen wird das Konzert einen etwas kleineren Live-Anteil haben als im Vorjahr, und am Vorabend hatte es auch noch ein wenig Hektik gegeben, weil einer der heute benötigten Lautsprecher den Geist aufgegeben hatte.
Trotz dieser Hindernisse bekommen wir im ersten Teil eine schöne Auswahl von Titeln aus der "Genesys" zu hören, die durch die Live-Anteile und die andere Reihenfolge der Performance ihre Einmaligkeit geben. Neu und vorher noch nirgendwo anders gezeigt sind auch die dazu gezeigten Bilder, und wie immer geht die Zeit viel zu schnell vorbei. Gefallen hat es auf jeden Fall, am CD-Stand auf dem Gang wechselt danach das eine oder andere Exemplar der "Genesys" den Besitzer. Am Ende des Tages wird von diesem CD-Stapel nichts mehr übrig bleiben. Neben CDs gibt es übrigens auch heute wieder die kleinen USB-Leuchten in Form eines Astronauten.
Nach dem ersten Teil ist der passende Zeitpunkt fürs Mittagessen gekommen. Bis zum zweiten Teil um 16.30 Uhr ist auch nach einem Kaffee noch mehr als genug Zeit für einen Rundgang an den Ständen. Ich gebe ja gerne zu, dass Astronomie nicht zu meinem Hobbies gehört (ich habe einfach schon genug andere!) und ich von Teleskopen, Ferngläsern und Sternenkarten nicht allzuviel verstehe. Die Erfahrung vergangener Jahre hat aber gezeigt, dass sich auch immer eine Kleinigkeit findet, die der Nicht-Astronom gebrauchen kann. Heute ist es eine Tasche, die wohl einmal einem Fernglas Schutz geboten hat, in die aber auch ein Messgerät hineinpasst.
Der beste Zeitpunkt für interessante Schnäppchen auf solchen Börsen ist wie auf Flohmärkten der Vormittag direkt nach Beginn, und so wundert es nicht, dass einige Stände am frühen Nachmittag bereits abbauen - manchen haben auch einfach alles bereits verkauft. Der Zuspruch zur zweiten Konzerthälfte, die als "Abschlussveranstaltung" auf halb fünf Uhr gelegt ist, ist deshalb nicht ganz so gut wie noch am Mittag. Stefan macht sich vorher noch einen Spaß und spielt zu einem Track von Schiller noch seine eigenen Linien - soll das jetzt Erbes "Einlassmusik" werden? Das eigentliche Konzert füllen aber dann doch wieder Tracks von der "Genesys", und Stefan lässt es sich nicht nehmen, live dazu den einen oder anderen Kontrapunkt zu setzen. Der will vielleicht im ersten Moment noch nicht so recht zum Titel passen, aber nach etwas "Einhören" versteht man die Idee dahinter.
Der finale Titel "s-thetic" ist nicht von der "Genesys" und hat doch inzwischen seine Tradition als Konzertabschluss. Er bietet noch einmal mehr Raum für Variationen und Improvisationen. Davon macht Stefan auch reichlich Gebrauch und geht selber noch einmal richtig "mit". Der Beifall von denen, die bis zuletzt auf dem ATT geblieben sind, ist wohlverdient. "Bis zum nächsten Jahr" sind die abschließenden Worte, ein Versprechen, das nicht nur vielleicht, sondern ganz bestimmt erfüllt werden wird!
Alfred Arnold