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Damals und Heute - Stefan Erbes Dreissig-Jähriges

Stefan Erbe hatte sich 2024 eine längere 'Auszeit' genommen. Auf Live-Auftritte hatte er komplett verzichtet, und die 'Retrologica' mit bisher unveröffentlichtem Material war das einzige Erbe-Album im vergangenen Jahr. Das heißt aber nicht, dass er sich auf die faule Haut gelegt hätte: Er hat an der Fortsetzung der Saga um die künstliche Intelligenz GENE gewerkelt. 'Genesys 2023' war einer seiner bisher größten Erfolge, und so waren die Erwartungen an einen Nachfolger entsprechend hoch.

Metamorphosys Premiere Sternwarte Hagen

Die Premiere der 2023er-Episode hatte seinerzeit im Planetarium Bochum stattgefunden. Das wäre dieses Mal natürlich auch eine würdige Location gewesen, und das Bochumer Kuppelrund wäre ohne Frage auch wieder gut gefüllt gewesen. Stefan hat sich aber für einen anderen Ort entschieden. Die Sternwarte Hagen hat in der Historie seiner Auftritte einen ebenso hohen Stellenwert.  Vor ziemlich genau 30 Jahren war an diesem Ort - hoch über oben Hagens Dächern - sein erster Live-Auftritt überhaupt.

So wurde aus dem Premieren- ein Doppel-Event, das neben der Premiere auch einen Rückblick auf Stefans bisherige Alben geben sollte. Er startete im Vorfeld sogar eine kleine Umfrage, welche Titel man denn zu diesem Anlass noch einmal live hören möchte. Daran mag man ermessen, wie wichtig Stefan Erbe seine Fans und sein Stammpublikum sind. Und die intime Atmosphäre des kleinen Vortragsraums ist für so einen Anlass dann genau das Richtige.

Alles in allem also ein runder Plan, mit nur einem kleinen Fehler: Stefan Erbe hatte das Interesse an so einem Event nach einem Jahr Bühnen-Abstinenz unterschätzt. Die gut 60 Plätze waren in Windeseile ausverkauft, und es gingen so viele Interessenten leer aus, dass er gar nicht umhin kam, einen Zusatztermin für den Freitag zu organisieren. Und auch der war eine Woche vor dem Termin ausverkauft...

...für uns ist aber der Samstag der Tag, an dem wir uns auf den Weg zur Sternwarte Hagen machen. Der ist wie immer ein etwas ungewöhnlicher, denn vor dem Genuss der Musik steht hier die Anstrengung des Aufstiegs. Der Parkraum oben auf dem Gipfel ist sehr begrenzt und reserviert für das Personal sowie diejenigen Besucher, die nicht (mehr) gut zu Fuß sind. Alle anderen stellen ihr Fahrzeug ein paar hundert Meter weiter unten auf einem Parkplatz ab und legen die letzten paar Schleifen des Waldwegs auf Schusters Rappen zurück. Bei der Gelegenheit bieten sich auch schöne Ausblicke auf das Panorama der Stadt Hagen.

Es ist zwar bereits Mitte Februar und die Tage werden schon wieder merklich länger, aber der Winter hat das Land noch im Griff. Das Thermometer zeigt Werte kurz über dem Gefrierpunkt, und links und rechts des Weges liegt noch etwas frisch gefallener Schnee. Nach der letzten Kehre kommt erst der Eugen-Richter-Aussichtsturm ins Blickfeld, und kurz danach Gebäude und Kuppel der Sternwarte. Es ist noch hell und eine Weile hin bis zum offiziellen Einlass, also würde sich ein Blick von der Spitze des Turms anbieten. Leider ist die Tür verschlossen, vielleicht aus Sicherheitsgründen - die Treppe kann bei Minus-Graden rutschig sein und oben auf dem Turm sind die Temperaturen eher unter dem Gefrierpunkt. Ein anderes Mal...

Also schauen wir einmal, ob die Sternwarte um diese Uhrzeit doch schon offen ist. Und in der Tat: Stefan und die anderen Aktiven haben die Türe bereits geöffnet. Der Zutritt ist nicht nur zum Vortragsraum möglich, sondern auch zu einem Aufenthaltsraum daneben mit einer kleinen Sitzgruppe. Dort ist nicht nur der CD-Stand aufgebaut, auch eine kleine Auslage mit Speisen und Getränken. Nach dem Aufstieg sind ein Kaffee und ein warmes Würstchen willkommen, um sich auch von innen wieder aufzuwärmen. Nach und nach trudeln die Besucher ein und die Zeit wird bei den Gesprächen nicht lang. Vom Freitag ist noch alles aufgebaut, und so kann Stefan sich zu der Runde gesellen. Die Gästeliste wird abgehakt, und bei der Gelegenheit erhalten alle Besucher ein kleines Kärtchen mit einem Bandcamp-Download-Code für das neue Album. Natürlich ist dabei auch Zeit, die eine oder andere Erinnerung aufzufrischen - viele der Besucher kennen Stefan und seine Musik auch schon bald dreißig Jahre.

Die Besucher sind alle pünktlich und sind schon ein gutes Stück vor 19 Uhr stellt Stefan fest, dass die Runde vollzählig ist - eine Abendkasse gibt es ja nicht. Also könnten wir ja schon anfangen? Es ist ja wie gesagt alles vorbereitet. Der Aufbau ist bewusst reduziert. Seine kleine Keyboard-Burg steht ganz am Rand und er wird sich während des Auftritts eher im Hintergrund halten. In der Mitte, vor der Projektionswand steht der Subwoofer und darauf ein ominöses Objekt, das wie die Figur eines Astronauten aussieht. Für den Moment verwendet Stefan den Sub aber als Sitzgelegenheit. Für ein paar Erinnerungen an den ersten Live-Auftritt vor 30 Jahren ist noch Zeit: 1995 hatte Stefan gerade sein zweites Album veröffentlicht und dazu das große Glück, zu Winfrid Trenkler in die letzte Ausgabe der 'Schwingungen' im WDR eingeladen zu werden. Das hatte phänomenale Auswirkungen auf die Karten-Nachfrage, und so wie heute kam er nicht um Zusatzkonzerte herum. Der Aufwand war seinerzeit ungleich höher: Ein Beamer war damals noch reiner Luxus und es gab im Vortragsraum keinen fest installierten. Ein Leihgerät musste her, und die 500 Mark Miete konnte Stefan so gerade mit dem Ticket-Einnahmen des ersten Konzerts finanzieren. Eine Traverse mit Scheinwerfern wurde auf den Gipfel transportiert und aufgebaut. Einer der 'alten Hasen' von der Sternwarte ist heute anwesend und kann sich noch gut erinnern.  Heute erzeugt ein kleiner Laser ein genauso schönes Lichterspiel, und ein solcher versteckt sich in der erwähnten Astronauten-Figur.

Nun aber zur Musik des ersten Teils, und die geht wie erwartet quer durch die letzten Jahrzehnte. Direkt den Einstieg macht 'When Angels Travel', ein Stück, das Stefan vor einigen Jahren für ein ATB-Album komponiert hat. Im Original es ein halber 'Rausschmeisser', aber über die Jahre hat es immer wieder Veränderungen durchlaufen und bringt uns heute zum Einstieg in den Flow. Die Visuals dazu sind neu, und sie sind - wie alle anderen auch an diesem Abend - von exzellenter Qualität. Auch in dieser Hinsicht ist Stefan in den letzten Monaten fleißig gewesen. Vor dreißig Jahren kamen die Bildern noch vom VHS-Band. Bei aller Erinnerung, die in dieser ersten Stunde mitschwingt, wären die heutzutage einfach nicht mehr vorzeigbar.

Wo aber 'Original-Bildmaterial' hinreichend guter Qualität vorhanden ist, so bekommen wir es heute gezeigt. Das ist zum Beispiel der Zeichentrick-Kurzfilm zu 'Wunderwerk', in dem eine magische Taschenlampe den Menschen ihre Maske vom Gesicht reißt, aber gleichzeitig ihre vorher gehemmten Aggressionen freisetzt. 'Lichtspruch' wird von dem tschechischen Science-Fiction-Film aus den 60ern begleitet, in dem ein im All treibendes Raumschiff untersucht wird - dessen Geheimnisse sich als tödlich erweisen.

Wo wir bei 'Lichtspruch' sind - es stammt vom 2012er Album "The Sounds Of My Comfort 'Sone", und es war meine erste Begegnung mit Stefans Musik. Auf ihm findet sich auch das klassische Titelthema der 'Sound of Sky'-Reihe. Selbiges war auf meiner Wunschliste für diesen Abend, und der Wunsch wird erfüllt: Zwar nicht mit akustischem Live-Bass, nach dem ich scherzhaft gefragt hatte, aber in einer aktualisierten Version, in der die jazzige Bass-Line immer noch ihren prägnanten Platz hat. Doppelt beschenkt fühle ich mich, als auch der andere Wunsch in Erfüllung geht: 'The Girl With The Flaxen Hair', von der 'Selectronique Debussy'. Das war ein Album, das mit den Klassik-Interpretationen ein klein wenig vom 'Erbe-Mainstream' abgewichen ist, aber für mich ist es eines derjenigen, die ich öfters aus dem virtuellen Plattenregal hole. Die Visuals
kombinieren flachsblonde Haare mit roten Lavaströmen.

So ist diese Zeitreise durch Stefans Diskographie auch mit persönlichen Erinnerungen verbunden. Was habe ich gerade gemacht, als dieses oder jenes Album erschienen ist? Dass ich Beziehungen zwischen der eigenen Zeitleiste und den Alben eines Musikers herstellt, ist mir bisher eigentlich nur bei Tangerine Dream und Klaus Schulze passiert. Aber bei der Gelegenheit realisiert man, wie lange man sich schon kennt, und was für eine Zeitspanne 30 Jahre sind.

Natürlich sind auch Titel dabei, die für Stefan eine große Bedeutung haben dürften. Mit 'New York' und 'Cloudcontrol' stammen zwei davon von der 'Method', für die Stefan seinerzeit seine erste Schallwelle eingeheimst hat. Die nächste gab es für die 'Nachtlichter', deren Titeltrack mit von der Partie ist. Deren 'Verleihung' war im Frühjahr 2021 nur online, auf dem Höhepunkt der Pandemie, und ich erinnere mich noch, wie ich für die Aufnahmen mit Sylvia in einem von Stefan aufgebauten Studio saß.

Man hätte sicher noch weitere zwei Stunden mit solchen Momenten füllen können. Nach 60 Minuten beendet mit 'Intermediate' ein weiterer Klassiker die Retrospektive, der heute so frisch klingt wie 1998. Ein ganz trivialer Grund für die Pause: Es muss einmal gelüftet werden! Im vollbesetzten Raum ist die Luft mittlerweile nicht nur mollig warm, sondern auch etwas verbraucht. Falls das schläfrig gemacht haben sollte: Es gibt gegenüber noch Kaffee und andere Getränke! Den dafür fälligen Obulus lege man einfach in die bereit gelegte Glasschale. Wir sind heute ja quasi 'unter uns', das läuft auf Vertrauensbasis.

Eine gute Viertelstunde später wird es richtig spannend, denn jetzt wird das neue Album 'Metamorphosys' in Gänze mit den dafür geschaffenen Visuals präsentiert werden. Auch für den zweiten Teil nimmt Stefan sich die Zeit für eine kurze Einführung: Die Musik von 'Genesys 2023' entstand in vergleichsweise kurzer Zeit, und eigentlich wollte Stefan zu jedem Track nur ein einzelnes Bild in Bochum auf einer Leinwand präsentieren. Aber dann fing er, durch den ersten KI-Hype animiert, damit an, für einen Track einen Visual in voller Länge zu gestalten. Fluch der Kreativität: Jetzt mussten für die restlichen Titel auch solche her, und so wurden die Monate bis zur Premiere sehr intensive. Die dabei verwendeten KI-Systeme haben in den letzten beiden Jahren enorme Fortschritte gemacht, und das wird man den Visuals für 'Metamorphosys' auch ansehen.

Die Musik hatte Stefan ja bereits ein paar Tage vorher veröffentlicht, so dass man sich schon einmal damit beschäftigen konnte. Der erste Eindruck war: Keine Dialoge mehr, auch nicht optional, und keine so explizite Handlung mehr wie noch bei dem 2023er-Vorgänger. Das KI-Thema und GENE sind natürlich immer noch präsent, aber es bleibt mehr Raum für eigene Interpretationen. Mit den Bildern liefert Stefan jetzt eine mögliche davon.

Man muss bekanntermaßen alles dreimal gesehen haben, um es gänzlich verstanden zu haben. Von daher erhebt diese Beschreibung eines ersten Kontakts keinen Anspruch auf Vollständigkeit:

Wir schreiben das Jahr 2290: Künstliche Intelligenzen sind eigenständige Wesen mit eigenem Bewusstsein. Eine von ihnen ist GENE, die vor zwanzig Jahren ein Update und einen Auftrag erhielt. Der Planet, den sie mit ihrem Raumschiff umkreist, ist eine verwüstete und brennende Einöde. Wodurch das passiert ist - Kriege, Umweltzerstörung, oder Naturkatastrophen - das wird offen gelassen. GENE fliegt mit ihrem Raumfrachter AXIS los und macht sich daran, den Auftrag zu erfüllen: Life-Forming, das Kreieren künstlicher Lebensformen. Indes: das dafür geschickte Programm-Update ist unvollständig. Sie versetzt sich in den Schlafmodus und träumt - von der Natur. Sind das die fehlenden Komponenten? Das Life-Forming kann beginnen, und bringt bringt allerlei merkwürdige Kreaturen hervor. Wie schon bei 'Genesys 2023' sitzt Stefan der Schalk im Nacken: Eine von ihnen erinnert deutlich an das Alien-Monster, und andere Wesen sind schlicht und ergreifend absurd, wie ein mechanischer Vierbeiner, der eher früher als später an Ölverlust zu Grunde geht. Am Ende wird es ihm selbst zu bunt und Stefan zensiert sich selber...

Das könnte alles eine Anspielung auf die Merkwürdigkeiten und Halluzinationen sein, die heutige KIs allzu oft hervor bringen.  GENE stellt fest, dass sie ihr Programm auf andere Weise ergänzen muss, nämlich Erfahrungen 'echter' biologischer Lebensformen. Die holt sie sich von einem alten Tablet, das sie in den Ruinen eines Hauses findet. Mit den jetzt geschlossenen Wissenslücken klappt auch die Wiederbelebung des Planeten: Erst das Terraforming, dann das Waterforming, und schlussendlich das Life-Forming.

Nachdem GENE dieses Werk vollendet hat, kann sie sich wieder sich selber zuwenden, genauer ihrem eigenen 'Life-Forming'.  Gesicht und Augen nehmen menschlichere Züge an, und sie bekommt ein Herz.  Das ist der Höhepunkt zum Schluss, der mit den dramatischen Klängen von 'Ultimate' untermalt wird. Hat GENE das korrigiert, was sie an sich selber 'unperfekt' fand?

Damit könnte die Geschichte von GENE ein Ende erreicht haben. Zumindest für den heutigen Abend ist ist das so, und eine Zugabe wäre in diesem Finale auch nicht mehr angebracht. Musik, Bilder und Story konnten durchgängig begeistern. Die Besucher kommender Aufführungen in diesem Jahr - die eine oder andere ist schon 'gebucht' - dürfen gespannt sein, dieses Kapitel kennen zu lernen und zu erleben. Bisher ist nur die Audio-Spur als Download erhältlich; sowohl CD als auch BlueRay werden aber in den kommenden Monaten folgen.

Vereinzelte Stimmen fragen an diesem Abend bereits nach einem weiteren Kapitel. Aber das sollte man aus mehrerlei Gründen auf absehbare Zeit nicht erwarten. Da wäre der enorme Aufwand für so ein Projekt, und die anderen Projekte, an denen Stefan aktuell schon arbeitet. Die immer weiter verfeinerte Präsentation vom 'Metamorphosys' an diversen Orten wird auch ihren Tribut an Zeit fordern.

Also freuen wir uns einstweilen über das gelungene neue Werk von Stefan Erbe. Ein wenig Zeit für Gespräche und Abschied ist noch - niemand wird 'heraus gekehrt'. Aber irgendwann ist dann doch an der Zeit, den Weg wieder bergab zum Parkplatz zu gehen.  Hat man wie empfohlen an eine Taschenlampe gedacht? Es ist jetzt kurz nach elf Uhr, und das nächtlich erleuchtete Hagen ist vom dunklen Weg aus schön zu sehen - die 'Nachtlichter' eben. Die haben Stefan 2021 einen Schallwelle-Preis eingetragen. Es würde mich nicht wundern, wenn er im kommenden Jahr mit 'Metamorphosys' auch wieder ganz oben beim Wettbewerb darum mitmischt. Aber bis dahin wird noch viel Wasser Hagens Flüsse herunter fließen, während Stefan Erbe neue Projekte vollendet und Konzerte vorbereitet. Seit dreißig Jahren tut er dies jetzt, und ich habe keinen Zweifel, dass noch viele mehr dazu kommen werden!

Alfred Arnold

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Den Blick nach vorne - Hello 2025 im Planetarium Bochum

Wir befinden uns 'zwischen den Feiertagen'. Das letzte Stück Weihnachtsgebäck ist noch nicht vertilgt, aber die Vorbereitungen für die Silvesterfeier laufen schon auf  Hochtouren. In diese Zeit fällt das traditionell letzte Event im Kalender des EM-Fans. Mit 'Hello 2025' im Planetarium Bochum verabschiedet der Schallwende-Verein das alte Jahr und begrüßt das neue.

Hello 2025

Wie jedes Jahr, ist 'Hello' auch die (fast) letzte Show des Jahres im PlaBo, und die letzte am Silvester-Vortag. So ist es zu dieser Tageszeit schon dunkel, als ich mit dem Auto eintreffe, und der Beginn von 'Hello 2025' noch anderthalb Stunden in der Zukunft liegt. Die Parkplätze an der Lorenz-Rebert-Allee sind seit einiger Zeit gebührenpflichtig, aber es ist bereits spät genug, dass die Parkgroschen in der Geldbörse bleiben können.

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Weihnachtsbescherung in Oirschot

Wie die Zeit vergeht! Ein Jahrzehnt ist es her, dass ich Tangerine Dream ein letztes Mal mit Edgar Froese live gesehen und gehört habe. Das war in Köln, und auf der damaligen
Tour wurde das vierzig-jährige Jubiläum von 'Phaedra' gefeiert.  Mit diesem Album war Tangerine Dream 1974 der Durchbruch in England gelungen.

Tangerine Dream Oirschot 2024-12-21

Nun schreiben wir das Jahr 2024, und 'Phaedras' Veröffentlichung feitert ein rundes Jubiläum. Das leider nicht mehr mit Edgar, der 2015 seine kosmische Adresse verändert hat, aber mit denen, die das Projekt in seinem Sinne weiter führen. Und Ron Boots war der Coup gelungen, Tangerine Dream kurz vor Weihnachten noch einmal nach Oirschot zu holen, ins 'De Stoelendans', das vielen immer noch unter dem Namen 'De Enck' ein Begriff ist.

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Ende und Anfang - Volker Rapp und Ansgar Stock live

Ich habe extra noch einmal nachgeschaut, wann ich ihn zum ersten Mal auf einer Bühne gesehen habe: Es war 2018 auf der Schwingungen-Scheunenparty, als mit Ansgar Stock der mit Abstand jüngste Künstler auf die Bühne trat. Damals war er noch keine zehn Jahre alt, und viele hatten Zweifel, ob sein Interesse an der elektronischen Musik dauerhaft sein würde.

Ansgar Stock im Hier ist nicht da

Nun sind sechs Jahre vergangen: Ansgar ist ein Teenager, hat mittlerweile drei Alben veröffentlicht, und hat die Musik erfreulicherweise nicht aufgegeben. Natürlich hat er sich in den Jahren, auch mit Unterstützung seines Vaters, weiter entwickelt, und traut sich mittlerweile auch zu, ein Abendkonzert in voller Länge zu bestreiten. Bereits Ende November hat er in Bochum gespielt, und jetzt sind es nur noch wenige Stunden bis zum zweiten Advent. Am Vormittag ist gerade das Schallwende EM-Breakfast über die Bühne gegangen, wir sind also schon ein wenig eingegroovt, als wir uns auf den kurzen Weg von Bochum nach Gelsenkirchen machen. Das Wetter ist immer noch feucht und trübe, und es ist auch bereits dunkel. Der Ort, an dem Ansgar spielen wird, strahlt wie eine helle Oase zwischen den dunklen Häusern hervor und hört auf den originellen Namen 'Hier ist nicht da'.  Ob dessen Schöpfer Sesamstrassen-Fan war? Ich erinnere mich an einen Sketch mit Ernie und Bert, der das zum Thema hatte.

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Musikalische Advents-Freuden am Morgen

Es ist Anfang Dezember, das Fest der Liebe wirft seine Schatten voraus, und die erste Kerze auf dem Adventskranz verbreitet wohlige Wärme. Aber einen Tag, bevor wir eine weitere hinzufügen dürfen, ist es an der Zeit für den Schallwende-Verein, ein kleines Highlight in das ansonsten so trübe und noch gar nicht weihnachtliche Spätherbst-Wetter zu setzen: Das alljährliche EM-Breakfast, eine Verbindung von Brunch und Live-Musik. Die Besucher können bei belegten Brötchen, Rührei und Nachspeise elektronische Klänge genießen, und sich dabei auch zwanglos unterhalten.

EM-Breakfast 2024

Ein solches Szenario ist auf der anderen Seite für den Musiker ungewöhnlich, steht sein Auftritt für die Besucher nicht immer im Mittelpunkt, sondern wird streckenweise eher als 'Begleitung' wahrgenommen. Nicht jeder Künstler kann sich mit so einer Situation arrangieren, das ist bei der Auswahl des Acts zu berücksichtigen. In diesem Jahr konnte der Vereinsvorsitzende Klaus-Ulrich Sommerfeld einen Musiker gewinnen, der mit dieser Situation vertraut sein dürfte: Frank Tischer, seines Zeichens Vollblutmusiker, spielt unter anderem auch auf Kreuzfahrten, und genießt dort auch nicht immer die volle Aufmerksamkeit der Gäste, die er durchweg verdienen würde.

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Wiedersehen unter Tropfsteinen - Axess und Ron Boots in der Dechenhöhle

Die Konzerte mit Pyramid Peak in der Iserlohner Dechenhöhle haben eine lange Tradition. Nur einmal durch Corona unterbrochen, hat Axel Stupplich alle zwei Jahre die neuesten Werke seiner Projekte in der einmaligen Atmosphäre inmitten von Tropfsteinen präsentiert, und lädt sich seit einigen Jahren noch einen musikalischen Gast dazu ein.

Dechenhöhle 2024

Zuletzt war das im Oktober 2023 der Fall, und so war es eine kleine Überraschung, dass die Ankündigung einer Neuauflage bereits im Frühsommer dieses Jahres erfolgte. Aber die Resonanz im letzten Jahr war wohl sehr gut, und so entschieden Axel und Stefan Niggemann, Betriebsleiter der Dechenhöhle, sich dafür, nicht wieder zwei Jahre  verstreichen zu lassen. Und dieses Mal konnte Axel niemand anderen als 'Mr Bombastic' Ron Boots als Gast gewinnen. Ein Ron kommt selten alleine, und so wurde daraus das bewährte deutsch/niederländische Trio mit Frank Dorittke und Harold van der Heijden. Man durfte also erwarten, dass die Tropfsteine an diesem Abend gut in Schwingung versetzt werden.

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Heimgekehrt - E-Live 2024 in 'De Stolendans'

Manche Orte haben sich so tief in die Gedächtnisse eingegraben, dass ihr Name auch nach der Schließung nicht wieder so schnell wieder daraus verschwindet: "E-Live 2024 im 'De Stolendans' (ehemals 'De Enck')" war eine gängige Formulierung, mit der die diesjährige Ausgabe des traditionellen Herbst-Events angekündigt wurde. Bisweilen wurde der neue Name auch noch ganz unterschlagen, aber das störte nicht weiter. Denn das wichtigste ist, dass E-Live an diesen traditionsreichen Ort in Oirschot zurück gekehrt ist.

Dass man hier wieder EM-Konzerte veranstalten kann, konnte man schon im Vormonat feststellen, als Johannes Schmoelling mit S.A.W. in Oirschot aufspielte. Wer nur einmal im Herbst in die Niederlande fahren wollte und sich für E-Live entschieden hat, darf jetzt im Oktober herausfinden, was gleich geblieben ist und was sich geändert hat.

E-Live 2024

Just diese leichte 'Häufung' von Events im Herbst ließ aber auch Zweifel daran aufkommen, wie gut E-Live am alten und neuen Spielort besucht sein würde. Die sind Groove-Chef Ron durchaus zu Ohren gekommen, und er hat darauf reagiert: Zum Beispiel wurde ein kostenloser Shuttle-Dienst von Best nach Oirschot für die angeboten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.

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Doppelter Genuss unter den Sternen

Zu den Traditionen des Schallwende-Vereins gehört 'Hello' am 30. Dezember im Planetarium Bochum. Ab und zu gelingt es jedoch, noch einen weiteren der raren Termine zu ergattern, so dass die Freunde elektronischer Musik diese unter dem Bochumer Kuppelrund genießen können. Am diesem Frühherbst-Abend im September ist es wieder einmal so weit, und eben weil die Termine so rar gesät sind, hat man diesen gleich für ein Doppelkonzert genutzt: Bernd Scholl ist für seine meditativen, naturnahen und sehr entspannten Klänge bekannt. Seine Konzerte in der Neanderhöhle sind schon fast eine Institution, aber auch in Planetarien ist er ein regelmäßiger und gern gesehener Gast. Wenn ich mich recht erinnere, war sogar mein erstes Konzert in der Bochumer Kuppel eines mit Bernd Scholl, damals zusammen mit Gandalf.

Bernd Scholl & Steve Baltes 2024

Heute teilt Bernd sich die Bochumer Bühne aber mit einem anderen Musiker: Steve Baltes hat hier auch schon mehrfach gespielt, zum Beispiel mit Stefan Erbe, oder zuletzt bei Hello 2022. Das Spektrum der Stile, die er ansprechen kann, ist weit gefächert. So dürfen wir gespannt sein, ob er sich heute eher in Richtung von Bernds Musik bewegt oder einen bewussten Kontrapunkt setzt.

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Eine würdige Neueröffnung - S.A.W. im 'De Stoelendans'

Wann haben wir uns eigentlich zum letztem Mal in Oirschot gesehen? Ich bin sicher nicht der einzige, der sich auf den Weg dorthin diese Frage gestellt hat.  Ich habe für eine Antwort in meinen eigenen Berichten nachgeschaut: Es war im Herbst 2019, das letzte E-Live in 'De Enck'.  Halloween stand gerade vor der Tür, und das Aufmacher-Foto illustrierte das auch entsprechend. Nicht vor, sondern hinter sich glaubte man damals die Sorgen um den Bestand dieser Location.  Die Stadt hatte nach Protestaktionen zugesagt, ihre finanzielle Unterstützung fortzusetzen. Von einem Virus ahnte man noch nichts, und dass dieser die Veranstaltungs- und Gastronomiebranche in zum Teil  existentielle Schwierigkeiten bringen sollte. Im Falle von 'De Enck' besiegelten sie dessen Schicksal, und Ron Boots musste sich für E-Day und E-Live einen neuen Ort suchen.  So zogen beide nach der Corona-Zwangspause von Oirschot nach Eindhoven um.

S.A.W. Oirschot 2024

Vor ein paar Monaten kamen dann überraschende Meldungen aus dem Hause Groove: 'De Enck' hat unter neuem Namen wieder eröffnet, und Ron hat zu den neuen  Betreibern Kontakte aufgebaut. Die sind inzwischen so gut und stabil, dass er mit seinen Events wieder nach Oirschot zurück wechseln kann.

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Ganz grosser Zirkus

Wenn ich mich recht erinnere, hatte ich in einem meiner früheren Berichte über den Electronic Circus festgestellt, das ein Zirkus nie lange an einem Ort bleibt. Und so ist es hier auch: Das Team um den Electronic Circus hat sich einen neuen Spielort gesucht, von Hamm führte der Weg nach Lemgo. Dort hat man nicht irgendeinen gewöhnlichen Konzertsaal gefunden: Die 2024er-Ausgabe des EC ist die erste, die in einer Kirche stattfindet. Um genau zu sein, ist es die evangelische Kirche St. Johann, mitten in der Innenstadt vom Lemgo gelegen. Das für diesen Tag eingeladene Line-Up ist vielversprechend: Sowohl Alerick Project als auch Thorsten Quaeschning sind keine Unbekannten im Circus-Umfeld. Erik Seifert und Joseph Steinbüchel bürgen ebenfalls immer für Qualität, und mit Xabec wagt sich das EC-Team auf Neuland: Zum ersten Mal wird ein reinrassiger Ambient-Act in der Manege auftreten.

Electronic Circus 2024

Haben wir mitgezählt? Ja, richtig, das sind gerade einmal vier Acts für einen Tag, der kurz nach Mittag beginnt und eine Stunde vor Mitternacht enden soll. Zu Gartenparties hat man schon mal fast die doppelte Menge eingeladen. Klasse statt Masse ist das Motto, das diesem besonderen Ort gerecht werden soll, und großzügig geplante Pausen zwischen den Konzerten bieten Raum für Gespräche und die eine oder andere Überraschung im Rahmenprogramm.

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Die Meisterspieler von Best

Es sind schwierige Zeiten, will man Konzerte und Musik-Festivals auf die Beine stellen. Stark gestiegene Kosten und für kleine Veranstalter immer schwerer zu erfüllende Auflagen machen das Leben schwer, sofern man nicht gerade in der Liga der 'Profi-Veranstalter' wie Eventim & Co. spielt.

Dutch Electronic Masters 2024

Um so höher ist es zu bewerten, wenn es da eine kleine Gruppe um einen echten und einen Wahl-Niederländer gibt, die sich vor wenigen Jahren entschieden haben, ihren Traum von einem eigenen EM-Musik-Festival Wirklichkeit werden zu lassen. Und was soll man sagen: An diesem Samstag findet das 'Dutch Electronic Masters' bereits zum dritten Mal statt.

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Mehr als nur Kunst am Wegesrand - die Atelierroute Sellingen

Es ist Anfang August, (Hoch-)Sommer und Urlaubszeit. Die Ruhe wird nur gelegentlich durch ein Grillfest mit Live-Musik aufgelockert. Gäbe es nicht noch andere Wege, elektronische Musik und Sommerwetter zu einem Ereignis abseits des 'normalen' OpenAir-Konzerts zu  verbinden?

Atelierroute Sellingen 2024

Bas Broekhuis hat einen solchen gefunden, und 'Weg' darf man in diesem Fall wörtlich nehmen. In Sellingen, sowohl unweit der Grenze zu Deutschland als auch Bas' Wohnort gelegen, lockt immer Anfang August die 'Atelierroute' Besucher.  Künstler und Kunsthandwerker stellen ihre Werke an einem Rundweg aus.  Alle paar hundert Meter findet sich an einem Haus oder Hof eine neue Station, und wer die komplette Route einmal abgegangen ist, hat nicht nur viele schöne Dinge gesehen, sondern auch für die eigene Gesundheit etwas getan.

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.