Wer als Liebhaber der traditionellen elektronischen Musik die vergangenen Jahrzehnte aktiv begleitet hat, wird irgendwann unweigerlich auf den Namen von Sylvia Sommerfeld gestoßen sein. Entweder bei einer der zahlreichen Aktionen und Veranstaltungen, die sie als Vorsitzende und Macherin des schallwende e.v. veranstaltet hat oder auch als Radio-Moderatorin, sowie als Host und Organisatorin des Schallwelle-Preises. Ihre Liebe zu dieser Musik, deren Musiker*innen, Fans und Freunden war über die vielen Jahrzehnte eines ihrer wesentlichen Lebenselixire und hinterlässt nach ihrem Tod nicht nur ein sehr bedeutsames Lebenswerk, sondern auch eine große Lücke.
(engl. below)
(Update: 10.01. FB-Erinnerungsarchiv eingerichtet siehe https://www.facebook.com/In-Erinnerung-an-Sylvia-Sommerfeld-104381255472323)
Sylvias Begeisterung, ihr Wille und ihre Beständigkeit, sich für die vielen musikalischen Dinge einzusetzen, sind beispiellos. Die unzähligen Stunden, die sie für das Genre der EM aufgebracht hat, haben nicht nur vielen Musiker*innen zur Popularitätssteigerung verholfen, sondern dienten dabei immer auch als Basis, die Tradition, deutsche und europäische Musik-Kultur zu fördern. Als legitimer Nachfolger hat sich der schallwende e.v. um die Verdienste früherer Instanzen wie z.B. die Radio- Sendung Schwingungen gekümmert und damit sichergestellt, dass es seit den späten 90er Jahren eine feste Anlaufadresse gibt, die diese Musik nicht nur aufrecht erhält, sondern weiterführt.
Ihre unkonventionelle und sehr authentische Art Menschen zu begegnen, sie für gemeinsame Projekte zu gewinnen und stets dabei ein Auge für ein positives Miteinander zu besitzen, haben ihr zu vielen Freundschaften verholfen. Ich glaube, es gibt keine Person aus dem Kreis der traditionellen elektronischen Musik, mit der Sylvia keinen Kontakt in den letzten 20 Jahren hatte. Bewundernswert war auch immer ihr Glaube an sich und ihr Umfeld und dass es keine Ziele gab, die man nicht auch umsetzen kann. Ich erinnere mich an die erste gemeinsame Planung des Megaprojektes der Schallwelle-Preisverleihung. Ein "das ist nicht möglich" oder " wie soll das funktionieren" kam niemals über ihre Lippen. Stattdessen erzeugte ihr Kreativitätsoutput alternative Optionen, es wurde über Plan-B nachgedacht oder sonstwie die Hindernisse überwunden. Ihre große Kunst sich immer auch Unterstützung zu holen, wenn es keine eigene Lösung gab, zeugten von besonderer Stärke und Weitsicht.
Sylvia hat oft über ihre Motivationen gesprochen und war dabei sehr klar und direkt. Für sie stand immer der Gedanke im Vordergrund, unbekannten und förderungswürdigen Künstler*innen ein Forum zu bieten. Dabei gab es aber auch Widerstände und Kritik von vermeindlich gestandenen Musikern und anderen "Größen", die entweder einseitige Unterstützung einforderten oder sich despektierlich über sie oder den Verein äußerten. Hierzu kann man nur sagen, dass sie alle das Prinzip der Solidariät und das gegenseitige Geben und Nehmen der Gemeinsschaft des Vereines und des damit verbundenen Grundgedankens nicht verstanden haben. Wahrscheinlich ist es auch gut so, dass sie schallwende letztendlich fernblieben, denn so störte sie niemand bei deren Umkreisung des eigenen Ego-Universums.
Sylvia hat sich dadurch nicht von ihrem Weg abbringen lassen, obwohl es auch mal Zweifel und Frust gab. Aber immer wieder zeigte sich, dass ihre großartige und uneigennützige Arbeit soviel Unterstützung fand, dass es auch in schwierigen Zeiten unzählige Stimmen gab, die sie stärkten.
Denn Sylvias Handeln war immer von einer sozialen positiven Komponente begleitet und jeder aus ihrem Umfeld wusste, dass man sich auf ihr Wort verlassen kann.
Weder wirtschaftliche Aspekte, private Vorteile oder sonstige Vergünstigungen haben jemals eine Rolle gespielt, denn nichts war ihr wichtiger, als diese Gemeinschaft aus Freunden mit denen man eine Leidenschaft teilen kann. Sicherlich gab es Möglichkeiten, die Arbeit und den schallwende e.v. auf höhere Ziele ausrichten zu können, vielleicht mehr Mitglieder zu akquirieren und mehr Vereins-Umsatz zu generieren. Dies hätte aber den Zusammenhalt nicht gefördert und die Idee, Musik mit einer starken sozialen Komponente zu verbinden, in Frage gestellt. Ihre Ansicht, dass das Genre der "EM" independent ist und auch immer bleiben wird, passte zu 100% zu der Art, wie sie die Dinge umgesetzt hat.
Aber es ist eben auch ein Verdienst, seine Grenzen zu kennen und die Dinge kontinuierlich darin fortzuführen, als möglicherweise im Streben nach höher, weiter und schneller zu scheitern.
Das Ergebnis sehen wir noch immer; auch heute noch. Ihre Arbeit hat in vielfältigster Weise Wirkung gezeigt und verbindet sich mit vielen Entwicklungen diverser Künstler*innen. Etliche von ihnen beziehen sich auf Ereignisse und Begegnungen mit Sylvia und das diese Türen und Möglichkeiten geöffnet haben. Sei es beispielsweise als gewählter Newcomer, eingeladener Konzertneuling oder als Objekt ihrer unnachahmlichen Rezensionsbetrachtungen im gedruckten Fanzine des Vereines. Auch ihre unwiderstehliche Art und Weise auf der Bühne etwas zum nächsten Künstler zu erzählen, ihre unverstellten Worte im Vorwort des schalldrucks zu lesen oder sich an die Farbenpracht ihrer textilen Auswahl zu erinnern, verbildlichen sie uns als charakterliches Gesamtkunstwerk.
Sylvias Verlust ist aber eben nicht nur der Verlust einer musikalischen Instanz. Nein, es ist vielmehr der Mensch, der uns in den vielen Begegnungen aufgezeigt hat, wie wichtig der ehrliche und authentische Austausch ist, wie klug und förderlich es ist, soziale Bindungen zu pflegen und nicht zu vergessen, woher man kommt. Sylvias unermütliche Eigenschaft, Freunde mit kleinen unerwarteten Geschenken bzw. Aufmerksamkeiten zu überraschen, erscheint mir gerade jetzt, wo ich diese Zeilen schreibe, das treffendste Beispiel zu sein.
Dass sie eigentlich immer erst an andere dachte, erschließt sich auch darin, dass sie fast nie über den eigenen Gesundheitszustand lamentierte. Im Gegenteil, die erste Frage galt immer dem Zustand des Gegenübers und wie es einem gehen würde. Dass sie über viele Jahre immer wieder gesundheitliche Rückschläge erleiden musste, nahm sie beinahe klaglos hin und störte sich eher an der wenigen Zeit, die für die schallwende-Arbeit zur Verfügung stand. Selbst in den letzten Wochen ihres Lebens verfasste sie noch Texte für Newsletter und die regelmäßigen Infos, die verschickt werden mussten.
Natürlich wird es niemals möglich sein, Sylvias Wirken und ihr Vermächtnis zu ersetzen. Aber vieles davon wird für immer bleiben und mit ihrem Namen verbunden sein. Die musikalische Epoche der traditionellen elektronischen Musik -zwischen Ende der 90er und heute- hat sie deutlich mitgeprägt. Es gibt nicht viele generationsübergreifende Namen, die als Nicht-Musiker mit dem Begriff "EM" in eine bedeutsame Verbindung gebracht werden können. Sylvias Name gehört aber schon lange dazu. Ich kenne niemanden, der diese Musik mehr geliebt hat als sie.
Ich hoffe sehr, dass sie uns noch lange in Erinnerung bleibt, ihre Wünsche und Träume eine andere Form der Fortführung finden und wir nicht vergessen werden, warum es sich so sehr lohnt, seine Kraft und Liebe in eine lohnenswerte Sache zu investieren.
Ich verneige mich voller Respekt und hoffe, dass mir viele von Euch gedanklich folgen.
Sylvia wir werden Dich sehr vermissen.
Stefan Erbe
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A Life for Music -In Memory of Sylvia Sommerfeld
Anyone who has actively accompanied the past decades as a lover of traditional electronic music will inevitably have come across the name of Sylvia Sommerfeld at some point. Either at one of the numerous actions and events she organized as chairwoman and doer of schallwende e.v. or as radio presenter, as well as host and organizer of the Schallwelle award. Her love for this music, its musicians, fans and friends was over the many decades one of her essential life elixirs and leaves after her death not only a very significant life's work, but also a big gap.
Sylvia's enthusiasm, will and constancy of dedication to the many things musical are unparalleled. The countless hours she has devoted to the genre of EM have not only helped many musicians increase their popularity, but have also always served as a basis for promoting the tradition of German and European musical culture. As a legitimate successor, schallwende e.v. has taken care of the merits of earlier instances, such as the radio show Schwingungen, and thus ensured that since the late 1990s there has been a permanent contact point that not only maintains this music, but continues it.
Her unconventional and very authentic way of meeting people, winning them over for joint projects and always keeping an eye out for positive interaction have helped her to make many friends. I don't think there is a person from the circle of this traditional electronic music with whom Sylvia has not had contact in the last 20 years. Admirable was also always her belief in herself and her environment and that there were no goals that could not be achieved. I remember the first time we planned together the mega-project of the schallwelle-award ceremony. A "that's not possible" or " how is this going to work" never crossed her lips. Instead, her creative output generated alternative options, a Plan-B was considered, or otherwise the obstacles were overcome. Her great art of always getting support when there was no solution of her own was a testament to her special strength and foresight.
Sylvia often talked about her motivations and was very clear and direct. For her, the idea of offering a forum to unknown artists worthy of support was always in the foreground. However, there was also resistance and criticism from supposedly "established" musicians and other "great person" who either demanded one-sided support or made disparaging remarks about her or the association. To this one can say only that they all did not understand the principle of the solidarity and the mutual "giving and taking" of the community of the schallwende association and the associated basic idea. Probably it is also good in such a way that they remained schallwende club finally far away, because so nobody disturbed them with their living of their own "ego universe".
Sylvia did not let this deter her from her path, although there were also doubts and frustration at times. But again and again it became apparent that her great and unselfish work found so much support that even in difficult times there were countless voices that strengthened her.
Because Sylvia's actions were always accompanied by a socially positive component and everyone from her environment knew that her word could be relied upon.
Neither economic aspects, private benefits or other perks have ever played a role, because nothing was more important to her than this community of friends with whom you can share a passion. Certainly there were possibilities to direct the work and the schallwende e.v. to higher goals, perhaps to acquire more members and to generate more association turnover. However, this would not have promoted cohesion and would have called into question the idea of combining music with a strong social component. Her view that the genre of "EM" is and will always be independent was 100% in line with the way she did things.
But there is just merit in knowing one's limits and continuing things continuously within them than possibly failing in the pursuit of higher, further and faster.
We still see the result; even today. Their work has had an impact in many different ways and connects to many developments of diverse artists. Many of them refer to events and encounters with Sylvia and that these have opened doors and possibilities. Be it, for example, as a chosen newcomer, invited concert newcomer or as the object of her inimitable reviews in the printed fanzine of the association. Also her irresistible way of telling something about the next artist on stage, reading her undisguised words in the foreword of the schalldrucks or remembering the colorfulness of her textile selection, visualize her to us as a total work of art in character.
But Sylvia's loss is not only the loss of a musical entity. No, it is rather the person who, in the many encounters, showed us how important honest and authentic exchange is, how wise and beneficial it is to cultivate social ties and not to forget where you comes from. Sylvia's tireless characteristic of surprising friends with small unexpected gifts or attentions seems to me to be the most fitting example just now as I write these lines.
The fact that she always thought of others first can also be seen in the fact that she almost never complained about her own state of health. On the contrary, the first question was always about the condition of the other person and how one was doing. The fact that she had to suffer repeated health setbacks over many years was something she accepted almost without complaint, and was more bothered by the little time available for schallwende's work. Even in the last weeks of her life, she still wrote texts for the newsletters that had to be sent out.
Of course, it will never be possible to replace Sylvia's work and her legacy. But much of it will remain forever and be associated with her name. The musical epoch of traditional electronic music
-between the end of the 90s and today- she clearly helped shape. There are not many cross-generational names that can be meaningfully associated with the term "EM" as a non-musician. Sylvia's name, however, has long been one of them. I don't know anyone who loved this music more than she did.
I sincerely hope that she will be remembered for a long time to come, that her wishes and dreams will find another form of continuation, and that we will not forget why it is so worthwhile to invest one's energy and love in a worthwhile cause.
I bow down with respect and hope that many of you follow me in thought.
Sylvia we will miss you very much.
Stefan Erbe