Seit 2002 veröffentlicht der Engländer Andy Condon unter dem Namen The Glimmer Room elektronische Musik vom Feinsten. Vor kurzem hat er sich mit einer „10-Days-Action“, bei der er innerhalb von 10 Tagen ein Dutzend Musikstücke aus seinen bisherigen Veröffentlichungen verschenkt (zu finden auf seiner Homepage www.theglimmerroom.co.uk), ins Gedächtnis gerufen. Sein bislang letztes Release ist die EP „A Diary of Occurrences”, die ca. 30 Minuten EM in sieben Titeln offeriert. Auf der Homepage des Vertriebs A-Frame findet sich zum Album folgender Text:
„A Diary of Occurrences EP is a collection of 7 tracks each composed to reflect an atmosphere or memory. Working again with loop based and system based composition techniques, The Glimmer Room have come up with the perfect antidote to the relative starkness of
the previous album I Remain. The light and sometimes-playful melodies float over a dreamy bed of recorded loops and sound manipulation, giving A Diary of Occurrences a very blurred, melancholic and distant atmosphere.“
Mit Texten, die natürlich auch den Verkauf fördern sollen, muss man ja immer etwas vorsichtig sein, aber ich meine, dass die zitierten Sätze die Stimmung auf „A Diary of Occurrences” gut wiedergeben.
Musik von The Glimmer Room ist vornehmlich ruhig, und das Wort „melancholisch“ kam mir beim Hören dieser sieben Titel gleich in den Sinn. Dazu gesellen sich noch Romantik und Poesie. Das Wort Kitsch schließe ich hier ausdrücklich aus. Wenn ich mir nämlich die Titel des Albums anschaue, dann scheint es sich hierbei um das Pfarrhaus von Borley in England, The Borley Rectory, zu handeln. Dieses wurde im Jahr 1863 (siehe Titel 1) erbaut und gilt als das am meisten von Geistern heimgesuchte Haus Englands (Wikipedia). In die Geschichten, die sich um das Haus ranken, passen denn auch die anderen Titel von „A Diary of Occurrences”. Außerdem sieht das Coverbild sehr nach The Borley Rectory aus, wenn das Foto im Wikipedia-Artikel zutreffend ist.
Wenn man an Geistergeschichten denkt, dann stellt man sich vielleicht eher düstere Klänge vor, die beängstigend wirken. Andy Condon hat offenbar andere Vorstellungen. In seinem „Tagebuch der Erscheinungen“ herrschen sanfte Töne vor. Die Musik auf „A Diary of Occurrences”, die ruhig und fast ausnahmslos ohne Drums und Percussionklänge auskommt, bedient sich wunderschöner Melodien, die den Hörer dahinschweben lassen. Vielfach wird das Klavier eingesetzt, wobei die Klänge auch verfremdet werden. Bei „We Walked With Marie Lairre” fühle ich mich durch die Art des Klavierspiels sogar ein bisschen an George Winston erinnert, bis die Pianoklänge in Loops münden. Deutliche Schlagzeugsounds hat eigentlich nur „Sunex Amures“. Das Stück ist auch weniger melancholisch als die anderen und wirkt „robuster“ im Gesamtbild.
Obwohl ich jetzt so deutlich auf Klavier- und andere Klänge hingewiesen habe, ist „A Diary Of Occurrences“ ein durch und durch elektronisches Album – und ich bin begeistert davon! Warum ist dieses homogene und romantische Album nur eine so kurze EP?
Andreas Pawlowski