Das eigentlich recht unscheinbar daherkommende Album Utopia von Bernd Kistenmacher, dessen Cover mit schlichter, farbenfroher Schönheit punktet, birgt ein doch episches Werk unter der Plastikhaube. Melodisch anspruchsvolle Klangbögen bieten ein teils cineastisches Hörerlebnis mit so einigen Referenzen an die Stilelemente der goldenen EM Zeiten. Die einzelnen Stücke erscheinen jedoch nicht altbacken, sondern wie eine konsequente Erneuerung des Heimatgefühls in den Gefilden der traditionellen elektronischen Musik. Unterstützung bei dieser Runderneuerung des guten Klangs erhält Bernd dabei von Burghard Rausch (Drums), TThomthom Gegenschrey (Violine), Thorsten Quaeschning (Gitarre), und Vana Verouti (Gesang).
Alles beginnt mit dem fast 25-Minüter We Need a New Utopia. Zunächst etwas dunkel im Ansatz, ziehen bald eine eingängige Bass-Sequenz und Rhythmen ein, die die Grundlage für sich langsam in Spielwut steigernde Melodiemotive harmonischer aber auch kratziger Art. Insbesondere die Violine leitet den Hörer dabei in eine Trance-ähnliche Stimmung, die einen erst kurz vor Schluss des Tracks durch ein Hinabgleiten in sanftere Ebenen entlässt. Auch das zweite Stück, Fearless, ist von eher düsterer Stimmung. Drone-artige Flächen durchziehen die akustische Welt, die sich als eine nächtliche Reise durch eine unheimliche Geisterstadt oder eine Lavawüste beschreiben lässt. Kopfkinomusik vom Feinsten.
Mit Born From Chaos spannt das Album nun einen Bogen zum Instrumental rock, teilweise gar psychedelisch anmutend durch rauhe Synthie-Klänge und recht wildem Rhythmus. Hier spielen sich die Künstler emotional in das Stück hinein und verlieren sich nahezu, bis es zum Ende hin lang ausklingt. Bei mir werden hier Erinnerungen an so manches Stück der Gruppe Sky wach. Auch bei Land Of Hope geht es mit einer wilden Violine los, doch dann bricht das Stakkato ab und der Track entpuppt sich als anmutige, sanft-rockige Ballade mit Piano und ist sehr melodiebetont. Eine Hommage an die Hoffnung.
Das finale und Titelstück Utopia bindet schließlich auch Pop als Stilmittel ein. Mit dem Gesang von Vana Verouti erhält der Track eine ganz spezielle Note und könnte locker mit so manchem Radiohit mithalten, Vana hat hier einen sehr hohen Wiedererkennungswert. Vom Klang her ist es aber eindeutig ein Kistenmacher-Track und erinnert an die letzten beiden Alben des Künstlers. Utopia ist der krönende Abschluss eines stilistischen Rundumschlags, ein Album, das seine Wurzeln in der 80er Jahre Elektronikmusik nicht verschweigt, und dabei viele alte und neue Elemente gekonnt vereint.
Info: Webseite von Bernd Kistenmacher
Bezug: Groove Unlimited
Stefan Schulz