Auf der beschaulichen Reise durchs Bergische Land kommt man auch durchs ländliche Odenthal, dem Ort in dem das Studio von Elektro-Tüftler Erik Seifert zu finden ist. Der „Pleasure-Sound“, so der Name seiner selbständigen Unternehmung zeichnet sich im besonderen durch die enorme Detailverliebtheit aus, über dass stetig exzellente und knackige Klangdesign und der Tatsache, dass Seifert grundsätzlich Nichts dem Zufall überlässt. Allerdings verwundert es den Fragesteller schon, warum die derzeitige Fanbase noch nicht so Stattlich dimensioniert ist, wie es seine Musik vermuten lässt, denn seine Alben klingen nicht nur extrem „teuer“, sie liegen auch im weiten Rund der traditionellen Elektro-Künstler auf dem allerhöchsten Niveau. Auch das neue Album „Softlock“, welches gemeinsam mit Josef Steinbüchel kreiert wurde, entspricht dem hiesigen Anspruch. Extrem dichter Ambient trifft auf sequenzierten Analog-Sound. Eine wirklich tolle Mischung, praktisch der Kopfkino-Scifi-Soundtrack, zu dem es keine echten 3D Bilder braucht. Grund genug, um mal einen umfangreichen Blick ins Seifert-Universum zu werfen.
Dein neues Album „Softlock“, dass Du gemeinsam mit Josef Steinbüchel aufgenommen hast, besitzt ein besonderes Konzept, was steckt genau hinter dem Thema?
Wir haben im Gegensatz zu früher, alle Tracks „live on Tape“ aufgenommen, das heißt wir haben nicht wie sonst die einzelnen Spuren in der DAW eingespielt sondern, wie bei einem Live-Konzert nur die Stereo Summe des Mischers abgenommen. Dabei steht der Album-Titel auch übergeordnet für technische Begriffe und Bezeichnungen aus der Film-Produktionsumgebung.
Die Hälfte der Stücke sind sehr Ambient und die andere Hälfte ist wiederum eher Drum- und Sequenzorientiert. Warum habt ihr diesen Kontrastpunkt so gewählt?
Wir fanden das es nach einem schnellem Stück immer ein langsames Stück folgen sollte, damit man sich wieder etwas „Erholen“ kann. So lässt sich ein Spannungsbogen in die Musik einbauen. Die Trackzusammenstellung ermöglicht nicht nur das kontinuierliche Hören des Album, sondern fügt die Stücke förmlich zusammen.
Ich finde Deine Tracks haben über die Jahre immer einen besonderen Widererkennungswert, was glaubst Du selbst, was ist dieser typische Seifert-Sound genau?
Das ist sehr schwer zu beantworten, da ich selber den „Seifertsound“ nicht wahrnehme. Ich habe eigentlich immer den Eindruck, dass sich keine meiner Platten gleicht. Also diese Frage können am besten die Zuhörer beantworten.
Die Stücke auf „Softlock“ klingen durchweg sehr Analog. Mit welchem Equipment habt ihr gearbeitet?
Wir haben bewusst Analog-Emulationen benutzt, da wir schon sehr den alten 70/80er Style vor Augen hatten. Ich bin ja eher der Plugin Musiker und verwende dabei z.B. Spectrasonic Omnisphere, Arturia Bundle, xils Bundle, Synthmagic, Kontakt Instruments, UVI Synths und für Drumssounds den Sonic Charge Microtonic.
Josef arbeitet eher mit realen Synths und benutzte den Roland Jp8000, Access Virus 2 KB, Vermona Perfourmer MK2. Aber auch er hat mit den Arturia Plugins sowie mit den xils Plugs gearbeitet.
Würdest Du sagen, dass das Album durch den Sound der Berliner Schule beeinflusst ist?
„Softlock“ , dass ja nur als Limited Editon auf einem 8 GB USB-Stick und als digitales Onlinestore-Album erscheint, ist eigentlich nur von unseren eigenen Heroen beeinflusst. Also ein bisschen von Jarre, Tangerine Dream, Software, Patrick O’Hearn, Yello, Kraftwerk und so weiter. Wir haben dazu auch diverse Hommagen in der Platte versteckt, aber ich denke nicht, dass es typischerweise ein Berliner Schule Album ist.
Wie wichtig ist für Dich eine homogene Arbeitsumgebung und welche Software-Plattform verwendest Du?
Also wenn du mit homogener Umgebung mein Studio meinst, bei dem grundsätzlich alles einsatzbereit ist und nicht allzu viel vorbereitet werden muss, so ist es mir sehr wichtig. Bei „Softlock“ haben wir aber wie erwähnt ganz anders als sonst gearbeitet. Normalerweise komponiere ich mit Ableton Live oder Logic , mastere dann mit Pro Tools. Ableton benutze ich zusätzlich auch noch für die Livesets.
Ich weiß, dass Du sehr exakt und akribisch an Deinen Projekten arbeitest. Kann der Drang nach Perfektionismus nicht manchmal auch hinderlich sein?
Wie kann das hinderlich sein? Ich gehöre nicht zu denen, die kein Ende finden. Ich arbeite solang bis ich zufrieden bin. Das bedeute auch, einen Song für ein paar Wochen beiseite zu legen und dann wieder neu zu hören. Ich achte sehr auf die Nuancen, die Anordnung der Sounds im Klangbild, sowie die Positionierung. Alles muss im Stück am richtigen Platz sein.
Was ist für Dich der besondere Unterschied in der Arbeit als Solist und der mit Josef?
Ich merke immer mehr, dass ich häufiger in meinen musikalischen Mechanismen gefangen bin und durch das Zusammenspiel ergeben sich sehr interessante neue Aspekte und Möglichkeiten. Josef erzeugt unglaublich Lead-Folgen, auf die ich selbst nie kommen würde. Außerdem besitzt er einen wirklich ausgeprägten Sinn für das Sounddesign, da er selbst in der Ton-Post-Produktion zu Hause ist. Dies ist natürlich eine erstklassige Ergänzung.
Du bist ja nicht nur ein exzellenter Studiomusiker, sondern arbeitest auch als „Soundprofi“ für namhaften Film- und TV-Produktionen. Ist es für Dich hilfreich, dass Du dabei auch den Backround eines Musiker hast?
Grundsätzlich unterscheidet sich die Arbeit schon sehr, da auf dem Filmset ausschließlich mit Mikros gearbeitet wird. Sicherlich ist aber die nötige Professionalität in beiden Bereichen ähnlich anspruchsvoll und das Qualitäts-Niveau ähnlich hoch.
Worin bestehen die wesentlichen Unterschiede in der Arbeit am Filmset und die Arbeit im Studio?
Beim Film kann ich als Filmtonmeister oft nur reagieren. Kamera, Licht und die Einstellungsgrößen schreiben viele Einstellungen vor und ich richte mich nach den gegebenen Möglichkeiten. Dadurch ergeben sich oftmals Kompromiss-Situationen, die
nicht immer den besten Ton mit sich bringen. Im Studio mit meinen eigenen Sachen, bin ich völlig frei von diesen Dingen und kann alles realisieren wie ich es möchte.
Wie schaffst Du es, Dich immer wieder auf die verschiedenen Projekte einzustellen und woher nimmst Du Deine Kreativität?
Ich habe meistens ein Konzept oder eine Vorstellung wie etwas klingen oder welchen Charakter die Musik haben soll. Und dann arbeite ich die Ideen nach und nach aus. Bei dem aktuellen Projekt wussten wir, dass es eher spaciger Ambient werden sollte. Ein wenig in Anlehnung an mein früheres Album „Astronomical Unit“.
Gibt es oder gab es je den Wunsch, auch einen „echten Soundtrack“ zu produzieren?
Eigentlich nicht, da ich mich dort nur in einem begrenzten Rahmen bewegen würde und man sehr oft nach Vorgaben des Auftraggebers komponieren muss. Diese Einschränkung würde mich sicher in der Kreativität beeinflussen. Ich schätze er sehr, in meinen musikalischen Projekten nur nach eigenen Vorstellungen arbeiten zu können. Vielleicht ergibt sich daraus auch der typische Seifert-Sound.
Was sind Deine kommenden Projekte? Wird „Softlock“ auf Tour gehen bzw. live zu hören sein?
Die Softlock Premiere fand bereits bei der Schallwelle Preisverleihung statt und außerdem gab es bereits einen Gig auf dem B-WAVE Festival in Belgien am 20. Sept. Gerne würden wir noch mehr in diesem Jahr machen und freuen uns über weitere Anfragen.
www.pleasuresound.de