Seit vielen Jahren ist es schon eine feste Institution, das Grillfest des Schallwende e.V. Der Verein für elektronische Musik lädt alljährlich im Sommer an den Grillplatz Nummer 4, in den Grugapark. Dort werden dann an dem überdachten Platz elektronische Instrumente aufgebaut und Livemusik sowie Speisen und Getränke geboten. Und in diesem Jahr hatte Petrus ein Auge auf die Veranstaltung geworfen, denn sie fand am 04.06.2011 bei schönstem Sommerwetter statt. Neben den auftretenden Künstlern hatten sich aber auch einige andere Musiker unter die Besucher gemischt, was den Besuchern so manches Gespräch ermöglichte.
Den Beginn machte der aus den Niederlanden stammende Musiker René van der Wouden, der für diesen ersten Part einen gut einstündigen Set vorbereitet hatte. Nach dem Konzert von Christoph Kranig griff er dann noch einmal in die Tasten um einen zweiten Set zu spielen.
In 2008 war René bereits live im Grugapark zu sehen und zu hören gewesen. Für den Auftritt in diesem Jahr hatte er zunächst das Stück „Fixus Part 1“ seiner 2009’er CD „Numerus Fixus“ an den Anfang gestellt. Dieser längere Track war aber das einzig bisher veröffentlichte Stück von René. Die restlichen Tracks bestanden aus Neukompositionen, die den Namen „Gruga Part 1“ bis „Gruga Park 8“ trugen. Renè’s Musik war sehr ambient angelegt und passte durch seine an einigen Stellen eingeflochtenen Sequenzerparts, auf denen er Melodiebögen und Flächen legte ganz hervorragend zu diesem herrlichen Sommertag. Während „Fixus Part 1“ noch ein wenig an die „Berliner Schule“ erinnerte, waren die neuen Stücke, die René extra für dieses Event erstellt hatte, viel ambienter angelegt. Diese neuen Stücke schmeichelten mit ihren harmonischen Flächen sanft die Ohren der Besucher, so wie ein warmer Windhauch im Park. Das passte natürlich sehr gut zu diesem sonnigen und warmen Sommernachmittag.Ob nun auf den Bänken am Grillplatz oder auf der Wiese in der Sonne liegend, man konnte bei diesen Tracks einfach die Seele baumeln lassen. René’s Musik war einfach nur zum Wohlfühlen. Und zu dieser ambienten Stimmung hatte René dann auch noch einige sanfte Rhythmen eingefügt, die diese schwebende Stimmung aber nicht zerstörten, sondern sie eher unterstützten.
Bei dieser Musik flogen meine Gedanken einfach so davon und ich fühlte eine sehr zufriedene, innerliche Ruhe. Zum Ende hin ließ er dann seine Sequenzer langsam wieder einen Rhythmus aufnehmen, so dass der Geist langsam wieder erwachen konnte und einen aus den angenehmen Traumlandschaften wieder in die Realität zurückholte. René hatte einen tollen Set zusammengestellt, bei dem Freunde von sphärischer, schwebender Musik voll auf ihre Kosten kamen.
Der ursprünglich aus dem nordrhein-westfälischen Bottrop stammende Christoph Kranig sorgte für den zweiten Auftritt an diesem Tag. Seine ersten beiden Veröffentlichungen stammen aus den Jahren 1994 und 1996. Und vor gut elf Jahren, wie er auf dem Grillfest sagte, trat er zuletzt in Essen in der Gruga auf. Einige Zeit war es ruhig um Christoph geworden, in der er neben musizieren in der Gruppe Living Dream auch von NRW an die See zog, wo er heute im nördlichen Schleswig-Holstein lebt.
m Sommer 2010 erschien dann seine dritte Solo-CD, die den Titel „Emotions“ trägt. Und so war es auch klar, dass der Hauptteil der Livestücke (insgesamt vier Tracks) von seinem aktuellen Album stammten. Christoph hatte zunächst mit einigen technischen Schwierigkeiten zu kämpfen, da die Anlage nicht so wollte, wie sie sollte. Das brachte ihn aber nicht aus der Ruhe und nach einigen Momenten startete er dann sein Konzert mit einem recht orchestral wirkenden „Intro“. Mit Seegeräuschen und klassisch anmutenden Klängen (Piano, Streichern, etc.) ging es dann im anschließenden Stück „Oceans Of Emotion“ weiter. Mit seinen Stücken brachte er einen guten Kontrast zu Renè’s Konzert, denn Christoph’s Stücke waren wesentlich songorientierter angelegt, als die von René. Christoph hatte einige Sounds vorbereitet, auf denen er dann die Melodie spielte. Allerdings hatte er auch ein Cajon mitgebracht, ein Perkussioninstrument, das wie eine Holzkiste aussieht. Diese bearbeitete er wie beispielsweise bei „Pictures Of Life“ mit Besen oder mit den Händen, um den Rhythmus zum Song beizusteuern, der Passagenweise aus seinen elektronischen Geräten kam.
Neben traditioneller Elektronik und Songstrukturen band Christoph auch einige folkartige Elemente in die Musik ein, die zum einen nach der norddeutschen Küste, aber auch nach internationaler Folklore klang. Und mit „Lady Of Shalott” hatte er einen fremden Titel im Set, den er ohne weitere Begleitung an seinen Keyboards (er schaltete lediglich zwischen Piano- und Streichersounds um) spielte. Bei dieser Version eines Loreena McKennitt-Songs zeigte er seine musikalischen Fähigkeiten. Als Zugabe gab es dann noch eine Interpretation des amerikanischen Traditionals bzw. Protestsongs „We Shall Overcome“ (wurde am bekanntesten durch Joan Baez Interpretation und letztes Jahr sogar von Roger Waters live gespielt), bei dem Christoph phasenweise an das Mikro ging, um den Song zu singen. Das war eine sehr mutige Entscheidung von ihm, bei einem Elektronikkonzert auf einer vorproduzierten Musik zu singen, zumal es für Christoph auch noch eine Prämiere darstellte. Während die musikalische Umsetzung recht gut gelang, war ich von den gesanglichen Fähigkeiten nicht ganz so überzeugt. Trotzdem war es ein gelungenes Konzert, das Christoph in der Gruga gab.
Stephan Schelle Musikzirkus-Magazin www.musikzirkus-magazin.de