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Enigma am Tag nach dem Blutmond

Stefan Erbe hat seine "Sound of Sky"-Shows im Bochumer Planetarium nach einem Jahr Pause wieder aufgenommen, aber die Zahl der Shows pro Jahr reduziert. Rechnet man die Konzerte mit ATB nicht hinzu, ist es heute der zweite von drei Terminen in diesem Jahr, und als Thema steht "Enigma" auf dem Programm. Enigma ist ein Projekt von Michael Cretu, und für den "Hardcore-EM-Fan" ein vielleicht etwas abseitiges Thema. Ich selber kannte Michael viele Jahre nur als Produzent im Hintergrund, z. B. von Sandra in den 80er-Jahren, als Enigma war er erst vor gut anderthalb Jahren auf meinem Schirm aufgetaucht, als "The Fall of A Rebel Angel" es bei der Schallwelle-Preisverleihung unter die besten zehn Alben des Jahres geschafft hatte. Ich hatte also wenig bis gar keine Ideen dazu, was mich an diesem Abend erwarten würde.

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Vor Ort in Bochum wirken noch die Ereignisse vom Vortag nach. So eine perfekte Monfinsternis mit "Blutmond" wird es in diesem Jahrhundert nicht wieder geben, und das Planetarium hatte zu diesem astronomischen Ereignis einen ganzen Abend mit Vorführungen, Liegestühlen auf der Wiese und Food-Trucks organisiert. Nach den Erzählungen muss es ein voller Erfolg gewesen sein. Die zwischen 5000 und 6000 Besucher werden die ansonsten eher mäßigen Besucherzahlen in den Sommer-Urlaubsmonaten gut nach oben ziehen. Auch in den Gesprächen vor der Show ist die Mondfinsternis ein Thema: Die am Vorabend gemachten Fotos werden ausgetauscht, es wird über Kameras und Objektive gefachsimpelt, nicht zuletzt von Stefan selber, sind doch sowohl Astronomie als auch Fotografieren seine Hobbies.

Dabei ist es im Planetarium heute eher ruhig, ganz im Gegensatz zum Freitag. Es werden zwar schon mehr deutlich Sound of Sky-Besucher als beim letzten Sommer-Termin vor zwei Jahren, doch es wird schon ein eher intimer (Spät-)Abend. Die Kontrolle am Einlass ist leger, und die Platzangaben auf den Karten sind heute auch nur eine unverbindliche Empfehlung - man sucht sich einfach irgendeinen Platz aus.

Eine kleine Einführung zu dem, was jetzt folgt, gibt Stefan noch, neben den üblichen "Verhaltensmaßregeln" - es soll ja immer wieder jemanden geben, der zum ersten mal im Planetarium ist - geht er auch auf das folgende Programm ein. Geprobt haben Stefan und Klaus-Dieter Unger nicht, auch wenn letzterer die Playlist vorher kannte, wird der Dialog von Musik und Projektionen sich in den kommenden knapp anderthalb Stunden spontan entwickeln. Als Einstieg taucht Klaus die Kuppel in ein sattes Rot - wohl noch eine Anspielung auf den gestrigen Blutmond, und auch im weiteren wird der Erdtrabant immer wieder groß und prominent auftauchen.

Die Musikauswahl wurde als "chillig" angekündigt, es ist aber auch immer wieder der eine oder andere flottere Track dazwischen, um Enigmas musikalische Spannbreite zu zeigen. Wie schon eingangs erwähnt, ist das meiste davon für mich musikalisches Neuland, bis vielleicht auf den einen oder anderen von "The Fall of A Rebel Angel". Eigene Titel streut Stefan heute nicht dazwischen, Enigmas Portfolio bietet wohl auch alleine schon genug Kontraste. Für "Hardcore-Fans" der Berliner Schule wäre das natürlich alles zu poppig oder kommerziell, aber wer auch mal ein offenes Ohr für andere Klänge hat, der dürfte an diesem Abend auf seine Kosten gekommen sein. Zumindest den Schlusstitel "Return to Innocence" dürfte jeder kennen, der auch nur gelegentlich einmal das Radio einschaltet.

Nachdem dessen letzte Takte verklungen sind, verabschiedet sich Stefan mit dem obligatorischen "Dankeschön" - aber eigentlich haben ja wir uns für die kurzeilige Darbietung zu bedanken. Der einzige kleine Kritikpunkt an der Show wird danach am CD-Stand geäußert: "Wo war heute der Saturn?" In der Tat hat Klaus-Dieter Unger den Saturn mit seinen Ringen heute nicht an die Kuppel gebeamt - an diesem Abend war eben der Mond der Star. Der Saturn wird sicher wiederkommen, und einen Termin für Sound of Sky haben wir in diesem Jahr ja noch. Am 10. November wird Stefan Erbe die Highlights des Jahres 2018 präsentieren.

Alfred Arnold

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