Der Sommer ist kaum vorüber, da lässt Schiller die Sonne noch einmal in herrlichem Gewand aufblühen. Am 5. Oktober erscheint das Doppelalbum, das, wie von Schiller gewohnt, aus einer Mischung gesungener und instrumentaler Tracks besteht. Das Titelstück "Sonne" mit dem Sänger von Unheilig ist ja bereits als Single-Auskopplung erschienen. Die Ursprünge von Schiller liegen bekanntermaßen in der traditionellen elektronischen Musik gepaart mit modernem Pop-Rock, und auch dieses Album macht keine Ausnahme, bietet gleichermaßen sehr poppige Musik mit Chart-Charakter und einer populären, gefälligen Art von EM. Der mir bereitgestellte Promo-Stream umfasst 16 Titel, die einen Vorgeschmack auf das über 30 neue Stücke umfassende Doppelalbum geben.
Der bekannte Willkommen-Track ist auf dem Promoalbum nicht dabei, somit beginnt es mit dem ruhigen Stück Solaris. Ein sehr einfühlsamer, aber leicht melancholisch anmutender Track, der den Hörer zu Beginn mit Flächen und Violinen in eine schwebende Stimmung versetzt. Der Übergang in Kon-Tiki ist fließend und wird mit typischen Schiller-Sequenzen und kräftigen Drums zu einem mitreißenden Klangstrom.
Ich bin kein Fan von Unheilig und ihrer Musik, aber die Kooperation mit Schiller ist für mich sehr gelungen. Die Stimme des Grafen ist schon ein Ding für sich und bettet sich sehr gut in den recht poppigen Track "Sonne" ein. Mit Mitternacht begeben wir uns auf eine eher chillige Reise. Das Instrumentalstück lädt zum Verweilen ein und erzeugt mit leicht kühlen Klängen eine passende Stimmung zur dunklen Tageszeit.
Die norwegische Sängerin Kate Havnevik war schon auf früheren Alben von Schiller zu hören. Auch auf der Sonne steuert sie Ihre magische Stimme bei. In Hallucinating Beauty, einem langsameren aber dennoch energetisches Stück, ist es zu einem Großteil ihr Gesang, der zu einer fast überirdischen Stimmung beiträgt. Fast schon wie eine Zugfahrt startet der Instrumentaltrack Berlin-Moskau, bringt uns klanglich gleich in einen schienenartigen Rhythmus, der uns über weite Landschaften treibt und uns mit lupenreinen Klangflächen und feinen Sequenzen und Melodien durchspickt reisen lässt.
Der Titel Epic Shores ist perfekter Synth-Pop. Meredith Call leiht dem Song ihre warme Stimme mit leicht melancholischem Touch und macht diesen Track zu einem wunderbaren Erlebnis, allerdings auch ohne große musikalische Überraschungen. Etwas ungewöhnlichere Sounds finden sich im instrumentalen Stück Morgenrot, mit leicht indianisch anmutenden vokalen und Flötenklängen, verpackt in einen rhythmischen Chill-out Stil.
Alive, gesungen von Adam Young, Frontmann der amerikanischen Electronica-Band Owl City, ist wieder ein lupenreiner Pop-Song, wie er in den heutigen Charts seinen Platz finden würde. Ganz anders hingegen Soleil de Nuit, dass sich eher balladenartig anlässt und von der extrem dunkel-rauchigen Stimme von Pierre Maubo lyrisch in französisch besprochen wird. Und anschließend folgt ein sehr energiereiches Instrumentalstück, das wohl den Gesamteindruck des Albums einfasst. Fette Bässe, eingängiger Rhythmus und brillante Melodien im bekannten Schiller-Klang.
Der zweite Track mit Kate Havnevik ist Velvet Aeroplane, ein eher getragenes Stück mit für Schiller eher ungewöhnlichem Rhythmus und Sound, der mich gemächlich durch den Song treibt, bis er sich zum Ende hin in einen drummatischen Höhepunkt steigert. In Energy erhebt dann Tim Brownlow seine Stimme. Der gefällige Pop-Song mit hymnenartigem Refrain weißt sowohl typische Schiller-Elemente auf, als auch sehr eigene Stilelemente, die dem Track einen energetischen Stempel aufdrückt (passend zum Titel).
Der Song Pale Blue Eyes ist eine Pop-Ballade mit sehr hohem Schiller-Wiedererkennungsfaktor, was Klang und Stil angeht. Gesungen wird er von The Corrs Leadsängerin Andrea Corr, deren Stimme mir hier zu Anfang schon unter die Haut ging. Weitere instrumentale Stücke sind Revelation, ein eher chilliges Stück in bester Schiller-Manier, und Das Dritte Auge, bei dem sich eine etwas experimentierfreudigere Ader zeigt, was Sound-Auswahl und Song-Aufbau angeht, mit leicht indischem Gefühl durch passende Gesangsaufnahmen.
The Silence ist das zweite Lied des Albums mit Meredith Call, ein eher romantisch-nachdenkliches Stück mit starkem Fokus auf der Story des Liedes. Die leicht traurige Anmutung der Gesangsstimme wird wunderbar mit den passenden dunkleren Flächen und Drums umspielt. Ein stimmiger Abschiedssong.
Auch, wenn das Album zu großem Teilen recht kommerziell und populär durckomponiert wurde, kann ich mich einer gewissen Magie des Stils von Schiller nicht entziehen. Ich bin im Grunde kein Fan der Musik, die im Radio rauf und runter gespielt wird oder obere Plätze der Charts belegt. Die Klangwelt und Kompositionen Schillers jedoch kitzeln immer wieder meinen Freudennerv. So auch das neue Album Sonne.
Update:
Mittlerweile ist Sonne erschienen und bei mir eingetroffen. Das Album besteht aus einer CD mit 16 Titeln und einer DVD, die im Hauptteil den Mittschnitt eines über 90 minütigen Live-Konzerts unter dem Namen Klangwelten beinhaltet. Das Konzert ist insbesondere für EM-Fans interessant, denn hier präsentiert Christopher instrumentale Stücke, die man durchweg als traditionelle elektronischer Musik der rhythmischeren Art bezeichnen kann. Natürlich findet sich hier sehr viel Schiller in Gestaltung und Klang, dennoch ein leckerer Hörgenuss.
Weitere Informationen:
Homepage des Schiller-Projekts
Stefan Schulz