Natürlich habe ich das neue 4fach Deluxe-Album in erster Linie wegen des „Live in Berlin“ gekauft. Schließlich war ich selber Zuschauer bei der Tournee 2019 in der Kölner Lanxess-Arena und allen Schiller-Skeptikern zum Trotz: Wer, wie ich Pink Floyd, Yes oder Depeche Mode live gesehen hat, guckt sich natürlich auch Schiller an.
Was mich allerdings wider Erwarten erstaunt, ist die Qualität der neuen Studio CD „Summer in Berlin“ und nur aus diesem Grund schreibe ich eine Rezension. Ich starte also mit dem obligatorischen Willkommensgruß der Akte X-Sprecherin „Scully“ und tauche nahtlos ein in den ersten Track des Albums mit dem Titel: „Der Klang der Stadt“. Ein faszinierendes Instrumentalstück, das mich sofort in seinen Bann zieht und nach einigen Minuten denke ich: hoffentlich geht das so geil weiter! Auf dem Cover nämlich ist keine Minutenanzeige der insgesamt 14 Tracks. Bei Minute 8 bekommt der kraftvolle Song eine atmosphärische Atempause und ich hoffe es ist nicht vorbei. Doch zum Glück geht's weiter: Der erste Titel des Albums entfaltet sich kontinuierlich und mutiert zu einem monster-rhythmischen Synthie-Hammertrack von über 20 Minuten Länge. Mastermind CvD knüpft an seine „Piano & Electronic-Tour“ vom letzten Jahr an, zeigt hier wieder seine federleicht-fantasievolle und zugleich fulminant-kraftvolle Interpretation zeitgemäßer elektronischer Musik. Dieser Sound wird auch im letzten Track mit über 16 Minuten Länge deutlich: „Dem Himmel so nah“ ist die Kollaboration mit Keyboarder Thomas Quäschning. Allein diese beiden Tracks heben den Wert des gesamten Albums! Allein diese zwei Tracks bestätigen Christopher von Deylen an die Spitze der Electronic-Keyboarder der Gegenwart. Was auf dem Album dazwischen an Songs präsentiert wird ist eigentlich sogar besser als Schillers letztes Album „Morgenstund“. Sämtliche Instrumentaltracks sind bemerkenswert ob ihrer prägnanten Melodien und innovativen Arrangements. Die Songs mit Gastsängern fallen dagegen fast gewöhnlich aus. Vielleicht sollte man noch den Titel mit Alphaville-Sänger Marian Gold erwähnen, er hat sicherlich Ohrwurmpotential, erinnert total an die 80er, was natürlich auch wiederum eine ambivalente Aussage hat: Das gesamte Werk ist eine Hommage an DIE inspirierende Stadt Deutschlands: Berlin.
Will Lücken