Elektronische Maschine - Life Goes On

Die Elektronische Maschine hat sich Zeit gelassen mit ihrem ersten Album nach dem Bühnen-Comeback. Üblicherweise tüftelt ein Musiker ja an seinen Tracks im stillen Kämmerlein, bis sie als veröffentlichungs- und bühnenreif erachtet werden. Bei dem Quartett um Richard de Boer scheint es umgekehrt zu sein: Über die letzten Jahre wurden immer mal wieder neue Titel bei Live-Auftritten getestet und verfeinert, und nun hat das Portfolio einen Umfang erreicht, der ein komplettes neues Album füllt, inklusive einiger Remixe.

Wie klingt sie nun, die Elektronische Maschine des Jahres 2024?  Sie hat sich auf 'Life goes On' deutlich von ihrem ursprünglichem Düsseldorfer Vorbild gelöst. Der Sound ist härter und direkter geworden, und nimmt Anleihen bei Club und Dance. Dabei könnte es stellenweise für den 'klassischen EM-Fan' etwas zu hart zugehen, aber gleich der Folgetitel besänftigt wieder. Mit 'Intermezzo' ist dieses Mal sogar ein völlig Rhythmus-loses Stück dabei.

Die Themen der Titel kreisen nach wie vor um die Themen 'Energie', 'Kraft' und 'Macht', und wie man sie einsetzt, um zum Beispiel einen Berg zu bezwingen - eine Parabel auf die Probleme und Hindernisse des Alltags? An 'Life goes On' ist aber neu, dass diese Dinge auch kritisch hinterfragt werden. Macht kann missbraucht werden, Kraft kann in Gewalt umschlagen, und eingesperrte Energie wandelt sich leicht zu Aggression. Dazu gab und gibt es in den letzten Jahren zuhauf Beispiele: Kriege, das Eingesperrt-Sein während der Lockdowns und die zunehmenden gesellschaftlichen Konflikte.

Insofern könnte man 'Life Goes On' als Kommentar auf die heutigen Zeiten verstehen: Irgendwie geht es weiter, seid stark, aber setzt Eure Kraft mit Bedacht ein! Aber wie immer, wenn der Rezensent sich in dieser Kolumne zu Interpretationen versteigt:  Kann man machen, muss man aber auch nicht. Man kann zu der Musik einfach einen Auftritt der elektronischen Maschine vor den geistigen Augen Revue passieren lassen, mitsamt der einzigartigen Bühnenshow. Wir wünschen ihr von hier aus weiter die Kraft, diesen Weg fortzuführen!

Alfred Arnold

 

Über Empulsiv

Empulsiv wurde 2011 als Webzine für (traditionelle) elektronische Musik gegründet. Es berichtete über ein Jahrzehnt von musikalischen Events und über Veröffentlichungen, präsentierte Interviews und Neuigkeiten aus der Szene. Ende 2022 wurde das Webzine eingestellt. Es wird nun als Infoportal mit Eventkalendar, Linksammlung und Archiv fortgeführt, so dass Neues sowies Vergangenes weiterhin gefunden werden kann.