Diese Ausgabe der 10 Fragen widment sich dem Musiker und Künstler Bernhard Woestheinrich, auch bekannt als Redundant Rocker.
1. Welche erste Begegnung hat Dich zur elektronischen Musik gebracht?
Ich kann mich an keine dezidierte Begegnung erinnern. Ich bin in großen Familie aufgewachsen und Musik hat bei meinen Geschwistern eine wichtige Rolle gespielt. Ich bin also mit der Musik der 70er und 80er aufgewachsen. Darunter war dann natürlich auch elektronische Musik aus der Zeit. Dennoch habe ich den Zugang zu der "klassischen Elektronischen Musik" eigentlich erst später wieder in über den Umweg der Musik von Bands und Musikern wie den Einstürzenden Neubauten, Cabaret Voltaire, Karl Biscuit und dergleichen wiedergefunden.
2. Was war die erst gekaufte Schallplatte aus diesem Genre?
Jean-Michel Jarre, Magnetic Fields (wenn ich mich richtig entsinne...). Ich sollte aber in diesem Zusammenhang ergänzen, dass ich bereits im Besitz von diversen Platten von Tangerine Dream, Klaus Schulze, Mike Oldfield und Ähnlichem war als ich diese genannte Platte von meinem eigenen Geld gekauft habe.
3. Deine Musik bewegt sich nicht in der typischen EM-Ecke, was unterscheidet Dich zu den Traditionalisten (wenn man es so nennen würde)?
Dazu müsste man erst einmal den Begriff der "Traditionalisten" definieren. Wenn wir also davon ausgehen dass ein Traditionalist eine bestimmte, durch herausragende Vorbilder geprägte fixe Vorstellung von Klang und Musik hat besteht der Unterschied wohl vor Allem darin dass ich eine Trennung zwischen reiner Klang-Nostalgie und dem grundsätzlichem Wunsch nach "guter" oder "interessanter" Musik mache.
Das eine muss dabei das andere zwar nicht zwingend ausschließen, aber generell glaube ich dass es vorrangig ist Musik zu machen die das Publikum auch ohne den zwingenden Bezug auf bestimmte Reminiszenzen ansprechen und berühren kann. Ich gehe auch davon aus, dass die Musik auf die sich die sog. Traditionalisten beziehen selbst auch ohne historische Vorbilder entstanden ist, und daher vor Allem durch die innovative Kraft in Ihrer Zeit so ergreifend gewirkt haben muss.
4. Du arbeitest mit vielen anderen Künstlern zusammen, welche sind oder waren die wichtigsten dabei?
Vorne weg muss ich einfach Markus Reuter nennen. Mich verbindet seit Jahren eine unglaublich kreative und produktive Zusammenarbeit mit Ihm. Daneben sind auch die Kollaborationen mit Ian Boddy, Erik Wøllo, Tim Bowness und Conrad Schnitzler† für mich von besonderer Bedeutung. Überdies mächte ich aber auch die Zusammenarbeit mit Pat Mastelotto, Tobias Reber, Amir Baghiri, Nadim Haque, Wolfram Spyra, Harald Grosskopf, Klaus Hoffmann-Hoock, Thorsten Niestrath und Philipp Münch noch hervor heben.
5. In den kommenden Wochen kann man Dich auch häufiger live sehen, auf welchen Veranstaltungen konkret?
Ich werde im Oktober einige Auftritte in den USA spielen, u. a. auf dem Equinoxygene Festival bei New York und eine Live-Performance beim STAR'S END Ambient Radio mit Chuck van Zyl Danach wird es mit meiner Band centrozoon eine Deutschland/Österreich/Schweiz & Belgien-Tour geben. Davor und Dazwischen sind auch noch weitere Solo-Performances geplant, z. B. ein Konzert in Gütersloh gemeinsam mit dem Autor und Schauspieler Christian Knäpper.
Details hierzu kann man jederzeit unter https://redundantrocker.wordpress.com/category/upcoming-dates-events/ abrufen.
6. Wie würdest Du vermuten, wird sich Deine Musik zukünftig weiterentwickeln und welche Schwerpunkte willst Du für Dich setzen?
Das ist eine interessante Frage die ich mir in der Form noch nie gestellt habe! Ich vermute dass ich mich eingehender damit beschäftigen werde in welchen Kontext meine Musik wahrgenommen werde soll, da mir das ausschlaggebend zu sein scheint. Außerdem möchte ich intensiver daran arbeiten eine Art technisches Repertoire entwickeln was es mir ermöglicht noch flexibler und spontaner Musik live zu komponieren. Ich stelle mir dabei eine Art Matrix vor, die eine direkte und komplexe Interaktion zwischen meiner unmittelbaren Performance und allen relevanten musikalischen und technischen Parameter erzeugt.
7. Welche anderen Acts und Bands findest Du momentan selbst interessant?
Elbow, Archive, M83, Fabio Trentini a. k. a. Moonbound, Meshuggah, Steve Hillage, Magma, Mike Oldfield, Helge Schneider, Johann Sebastian Bach, Tobias Reber, Ulrich Schnauss, Adrian Benavides, David Sylvian, Brian Eno, Monolake, Mo Boma, Devin Townsend, Keith Jarrett, Kate Bush etc.
8. Neben der Musik bist Du auch vielseitig auf anderen Künstlerwegen etc. unterwegs, worin eigentlich genau?
Neben der Musik beschäftige ich mich auch mit der Malerei. Ich habe diverse Projekte auf der Schnittstelle zwischen Musik und der sog. "bildender Kunst" verwirklicht, also im weitesten Sinne im Bereich der sog. Video- und Medienkunst. Das mag auch daran liegen dass ich aufgrund meiner Ausbildung und Tätigkeit als diplomierter Grafik-Designer keine Berührungsängste zu aktueller Medientechnik habe. Im Rahmen dieser Tätigkeit als Grafik-Designer habe ich auch bereits einige Artworks für Musikveröffentlichungen im Auftrag von Labels oder Musikern gestalten können. Gemeinsam mit Nadim Haque haben ich ein Storyboard als konzeptionelle Grundlage für das Release "Anentropic Potential" entwickelt und mit dem Comic Zeichner Matt Howarth gibt es eine Kollaboration Comic/Musik (noch unveröffentlicht) .
9. Was kommen für zukünftige Projekte und etwaige Kooperationen?
Wie oben bereits erwähnt steht die Kollaboration mit Matt Howarth noch zur Veröffentlichung aus. Dann arbeite zur Zeit intensiv an dem neuen Release und an der Tourplanung von meiner Band centrozoon. Es gibt daneben noch diverse Projekte in Vorbereitung, bzw. die schon in Arbeit sind, wie z. B. ein neues Release mit Erik Wøllo, oder Ian Boddy.
Es ist auch ein Stop-Motion-Film zu dem neuen Album von centrozoon in Arbeit.
10. Drei Alben die Du auf eine einsame Insel mitnehmen würdest (keine eigenen)
Nun, diese Frage ist meiner Meinung nach nicht ganz eindeutig, da ich möglicherweise meine All-Time-Favorites aus bestimmten Gründen gar nicht mit auf diese besagte Insel nehmen würde. Aber da es vermutlich um eben jene Alben geht sollte ich an dieser Stelle Platten wie Klaus Schulzes "X" nennen, Peter Michael Hamels "Colours of time/Bardo" und vielleicht auch noch David Sylvians "Gone to Earth". Aber natürlich ist das nur eine von vielen möglichen Variationen eines "finalen Alben-Triptychons"...
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Das Interview führte Stefan Erbe