"Echt harte Kost", dachte ich so für mich. Schon seit sechseinhalb Minuten nur eine Fläche mit einem schrägen FX-Sound im Hintergrund. "Echt Ambient, aber auch echt langweilig", grummelte ich so vor mich hin. Vielleicht war ich aber auch nicht in Stimmung mir diesen eintausenddreihunderundtachtzig Sekundenlangen Tastenklemmer anzutun, denn auch weitere 6 Minuten später, schaute ich sicherheitshalber nochmal auf den CD-Player um sicher zugehen, dass der Silberling keinen Zeitsprung zurück nach 6 Minuten 30 gemacht hatte.
"Wo war nur diese verdammte Fernbedienung"! Ich kramte in den Schubladen, schaute in den Regalen zwischen CDs, Anleitungen und Netzteilen. Selbst im Papierkorb hätte sie liegen können, war es doch hier noch am aufgeräumtesten.
Oha, eine weitere Spur gesellte sich in den Song. Nennen wir es mal ein "drumorientes" Klickern was sich zu den beiden anderen Langweilern hinzu tat. Irgendwie doch ziemlich Gruselig. Wollte ich das weiterhören? Nein! Also musste ich nun doch aufstehen und den CD-Player tatsächlich manuell bedienen. Welch eine Kraftverschwendung, auch wenn diese Aktion nur eine Handvoll Kilojoule benötigte. Ein paar mehr Kilobyte an Ideen hätte man dem Hersteller des Tonträgers gewünscht, der sich tatsächlich nun aufmachte in den zweiten Track zu wechseln.
"Aha, keine Fläche, eine Sequenz diesmal". "So weit so gut", dachte ich, aber leider gab es im weiteren Verlauf keine wirklichen Ähnlichkeiten zum vorherigen Grosskopfschen Gedankengang und auch dieser "Longweiler" wurde von mir eiskalt abgeskippt.
Plötzlich lugte ein batteriegeladenes Stück Plastik unter einem meiner Monitore hervor und outete sich als Fernbedienung des schon recht rüstigen CD Abspielers, der scheinbar immer noch emotionslos und völlig wertfrei die Nullen und Einsen der inliegenden CD umwandelte. Nicht nur dieses Fundstück führte mich wieder auf die gemütliche Form des ultimativen Sitzliegens zurück, sondern auch eine längst vergessene und eher zufällig gefundene Sampling-CD eines älteren Musik-Herstellers, der sogenannte Baustein-Musik-Samples vertrieb, lies mich für einen Moment von der bedeutungslosen Musik abkehren. Das reißerische Booklet versprach Charterfolge, fliegende Textilien und Herscharen an Fans, bei der bzw. nach der Benutzung bzw. Anwendung einer der vier Sample CDs in den eigenen Produktionen.
Allerdings nur wieder House, Techno, Trance und Dance Zeuchs. Kein Ambient, keine EM und auch keine Sequenzen. Das Sound-Archiv war wieder mal nur auf den traditionellen Musikmaker-Anwender konzipiert. Wie immer! Gab es denn nix, was in die Zielgruppe des ambitionierten Berliner Schüler passte? Keine Ansammlung epischer Sequenzen, die 20 Minuten lang einfach gelooped und ungekürzt als Audiofile hätten nur importiert werden müssen? Keine Flächen die in dreifinger-Starre in A-Moll aufgenommen wurden und alle 300 Sekunden um 3 Schritte Hoch- und runtertransponierten?
Nein, so etwas gab es in diesem 4-CD-Sondermüll nicht, obwohl es sicher die Qualität nicht maßgeblich verschlechtert hätte.
Inspiriert von der vermuteten Marktlücke, surfte ich gleich mal in den Weiten des WWW, um herauszufinden ob es nicht doch eine Sample-Sammlung für die Gattung der 2 Lieder-CD-Produzenten gab und wurde jäh enttäuscht. Ich habe nichts gefunden. Vielleicht aber auch besser so, denn was hätte die Sample-CD von der End-Produktion unterschieden, wenn alle Spuren schon mundfertig zum Aufgabeln bereit liegen würden? Wahrscheinlich gibt es aber immer noch genug "nennen wir sie Musiker" die solch eine Sample-CD gekauft hätten, denn es hätte sicherlich ihre Lustlosigkeit auf die Intensivierung ihrer eigenen Fähigkeiten noch erheblich gefördert.
"Eject", wahrlich eine gute Erfindung und sowieso eine gute Idee, dies auf einer Fernbedienung unterzubringen. Besser wäre aber noch eine "Eject with Push into the garbage can" -Taste, aber das passte wohl nicht mehr auf die bedruckbare Fläche der "Remote Control". Mist, schon wieder aufstehen....
Stefan Erbe