Die Welt mag keinen Stillstand, und Stefan Erbe genauso wenig. Das gilt für seine Musik genauso wie für seine "Sound of Sky" Shows im Planetarium Bochum, die ein musikalisches Thema mit Visuals an der Kuppel verbinden. Waren es vor ein paar Jahren noch ein halbes Dutzend davon pro Jahr, so hat sich ihre Frequenz mittlerweile halbiert. Das steigert bei den Besuchern und Fans natürlich die Vorfreude und die damit verbundene Erwartungshaltung, andererseits gibt es Stefan auch die Zeit, für die einzelne Show noch mehr vorzubereiten und einmal ganz neue Konzepte zu präsentieren.
Es ist jetzt Mitte Oktober, und das letzte "Sound of Sky" des Jahres steht auf dem Programm. Ein neues Album ist dieses Mal (noch) nicht vorzustellen, und es steht auch kein "Erbe meets..." auf dem Programm. Die Show trägt stattdessen den schlichten Namen "Elements".
Wie dieser Titel mit Inhalt und Sinn gefüllt werden wird, darüber hatte Stefan sich im Vorfeld eher bedeckt gehalten. Nur ein kleines Video hatte er als Teaser im Vorfeld auf Facebook veröffentlicht und angedeutet, dass dieses Mal nicht die klassischen "Astrobilder" als Visuals im Vordergrund stehen würden - stattdessen waren im Video geometrische und mathematische Strukturen zu sehen. Nun ist so ein Video aber ein äußerst unvollkommenes Abbild dessen, was Klaus-Dieter Unger live an die große Kuppel zaubern kann. Auch den heimischen Monitor an die Decke zu hängen, wie Stefan es vorgeschlagen hat, hilft da eher wenig. Man muss schon selber kommen, und die Chance ist eine einmalige, denn keine SoS-Show wird je eine Wiederholung finden. So kann sich der Zuspruch trotz vorgerückter Stunde (22 Uhr Late-Night) durchaus sehen lassen. Darunter sind auch diverse Mitglieder des Schallwende-Vereins, selbiger hat gerade eben seine Mitgliederversammlung im Foyer abgehalten und gönnt sich die Show nach getaner Arbeit.
Auch wenn man sich - wie eingangs erwähnt - nicht mehr ganz so oft zu "Sound of Sky" trifft, es ist immer noch das Gefühl, in die "Comfort Zone" zu kommen, wenn man das Bochumer Kuppelrund betritt. In der Mitte thront wie seit vielen Jahren der Sternenprojektor, damals wie heute ein beliebtes Fotomotiv. In der heutigen Show, die Stefan nach einigen einführenden Sätzen beginnt, wird er aber eher eine Nebenrolle spielen. Die Visuals zu "Elements" werden in allererster Linie von den acht Beamern geliefert, die erst bei genauerem Hinsehen hinter Löchern in der Wand zu entdecken sind. Den Anfang macht das extra für "Elements" designte Logo. Stefan hat es sich auch auf ein T-Shirt sticken lassen, das man (leider) nicht am CD-Stand erwerben kann.
Auf das Logo folgen die geometrischen Strukturen, wie man sie auch schon im Teaser-Video sehen konnte. Die Musik zum Einstieg ist melodisch und chillig, im Stil des klassischen "Sound of Sky" Themas. Aber an diesem Punkt ist es mit dem Vertrauten auch schon vorbei. Man sieht während der ganzen Show kein einziges Mal den Saturn oder einen der anderen Himmelskörper, stattdessen die vielfältigen Interpretationen des Begriffs "Elemente": Mathematische Elemente, Grundfarben, Bauelemente auf einer Platine, oder flackernde Pünktchen, die die Bits im Hauptspeicher eines Computers sein könnten. Auch in der Natur findet man "Elemente" wieder: Knochen als Teil eines Körpers, oder ein Karussell, das die Elemente des eigenen Lebens anspricht: Freizeit versus Arbeit.
Die Musik nimmt von Track zu Track Fahrt auf. Einige Titel sind definitiv Stefans eigener Feder entsprungen, in denen er die Elemente seines Musikstils zitiert, ohne sie einfach zu wiederholen. Darunter ist zum Beispiel ein Stück von der "A-11", aber nicht in seiner finalen, sondern einer noch aufs "elementare" reduzierten frühen Arbeitsversion. Den Löwenanteil der Playlist nehmen aber Titel anderer Musiker ein - von denen habe zumindest ich in der Show nur Gunnar Spardel wiedererkannt. Es ist gut zu wissen, dass Stefan kurz nach der Show die Playlist veröffentlichen wird. Auf ihr wird der eine oder andere Track stehen, der nicht direkt in das Beuteschema des klassischen EM-Fans gepasst hätte.
Die Auswahl der Künstler ist genauso bunt gemixt wie die Tempi der Titel und sorgt nach knapp anderthalb Stunden für ein eher unerwartetes Ende. Was, schon wieder vorbei, wie schnell doch die Zeit vergeht! Eine Zugabe bietet Stefan dieses Mal nicht an, dafür ist "Elements" zu sehr ein geschlossenes Kunstwerk, neben dem jede Zugabe wie ein unpassendes Anhängsel aussehen würde. Ein großes Kompliment sowohl an Stefan Erbe als auch an Klaus-Dieter Unger für diese Show, und ausdrückliches Bedauern an diejenigen, die nicht dabei waren: Auch wenn "Elements" problemlos an die Qualität anderer Dauer-Shows im PlaBo heran reicht, es wird keine Wiederholung geben. Wer sie nicht gesehen hat, kann nur noch auf das kommende, gleichnamige Album von Stefan Erbe warten, um wenigstens einen Teilaspekt davon erleben zu können. Dass es kommen wird, so wie das nächste "Sound of Sky" in 2020: Elementar!
Alfred Arnold