Ein neuer Stern ist am EM-Himmel aufgetaucht. Level Pi, mit bürgerlichem Namen Uwe Cremer, kommt aus Köln und veröffentlicht auf Myspace sein Selbstverständnis: „Warum ich angefangen habe, Musik zu machen? Dazu ein paar Gedanken: Die Zeit des Krautrock ist vorbei. Vorbei die Zeit der langen, improvisierten Soundcollagen.
Vorbei die Zeit der Lieder, die den Charme des Nichtperfekten in sich tragen; Lieder, die von dem Enthusiasmus getragen werden, trotz begrenzter Mittel und Möglichkeiten etwas Neues zu schaffen oder zumindest in die Fußstapfen der großen Vorbilder zu treten. Was lag näher, als die Musik, die ich immer noch hören wollte, selbst zu schreiben und den Weg der Krautrocker einzuschlagen? Die ersten Stücke wurden Spur für Spur live eingespielt, der Computer zum Tonband degradiert. Alle Effekte entstammendem Korg AX1000G. Dann kam mehr und mehr Software hinzu, die ich bei den letzten vier Titel von „Entrance“ eingesetzt habe. Auf meiner zweiten CD „Electronic Sheep“ habe ich den Weg, den ich mit der Level π Suite eingeschlagen habe, fortgesetzt und verstärkt auf Synthesizer gesetzt. Statt Gitarre dominieren Minimoog und Moog Modular. Natürlich habe ich mich auch hier wieder stark von den Helden der 70‘er inspirieren lassen Wer sich also bei meiner Musik hier und da an bekannte Gruppen erinnert fühlt, der tut recht daran und möge diese Stellen als das auffassen, als was sie gedacht sind: Als Hommage an die Zeit, als Krautrock noch jung war und Pink Floyd noch Musik geschrieben haben. “Auf dem neuen schallwende-Sampler, der schallplatte XII, hat Level Pi mit „Kiso-Valley“ eine sehr schöne Visitenkarte abgegeben. (Vermutlich) etwas älter als der Titel auf der schallplatte ist das Album „Electronic Sheep“. Diese zweite CD von Level Pi erschien 2009. Ich nahm in Bielefeld die „elektronischen Schafe“, weil ich den Titel witzig fand. Ja, manchmal lasse ich mich auch davon leiten ...Im Booklet hat Uwe Cremer zu jedem Titel der CD ein paar Zeilen geschrieben Ich habe, bevor ich mir die Texte durchgelesen habe, das Album mehrmals gehört, um möglichst wenig „vorbelastet“ an die Musik heranzugehen. Zurücklehnen und entspannen! Das ist zumindest für die ersten gut acht Minuten vom ersten Titel „String Theorie“ das Motto. Nach den entspannten Minuten holen Sequencer und knackige Drums den Hörer zurück und machen ordentlich Dampf. Herrliche, langgezogene Klänge, die man aus den Klassikern der EM kennt und liebt, werden aus dem ersten Teil des Stückes im zweiten Teil fortgeführt und von Sequenzen und Schlagzeug getragen.Wer nach der „organischen“ StringTheorie im zweiten Stück der CD Ähnliches erwartet hat, der wird herbe enttäuscht. Es wird bei „S.E.T.I.“ wesentlich elektronischer und eher fremdartig. Ungewohnte Klänge fordern heraus. Stücke wie dieses haben etwas von einer Klangcollage, was man vor allem bei den kurzen Einsprengseln von Streichern merkt. „S.E.T.I.” ist etwas völlig anderes als „String Theorie“. Uwe Cremer schreibt im Booklet, dass die Musik von Richard Barbieri ihn hier inspiriert hat. Ich muss gestehen, dass ich nichts von Barbieri kenne, kann also dazu auch nichts weiter sagen. Im dritten Titel rieselt hörbar der „Elfenstaub“. Klanglich kommt Level Pi wieder auf die 1970er Jahre zurück. Im Booklet nennt Uwe den Elfenstaub „LevelPi’s space rumba“ in Anlehnung an Jarres Oxygen Pt. 6. Die Ähnlichkeiten beschränken sich aber auf den Rhythmus und einen Teil der Sounds. Das ist auch mal eine Idee, ein Stück über so Alltägliches wie eine Geschirrspülmaschine zu machen. Die Geräusche des „Dishwasher“ sind jedenfallsgut zu erkennen. Auch dieser Track ist wie schon „S.E.T.I.“ eher eine Soundcollage und nicht unbedingt ein „Ohrenschmeichler“. Aber je öfter ich das Stück aufmerksam höre, umso interessanter finde ich es. Im CD-Einleger erzählt Uwe, wie es zu diesem Stück kam: „I was sitting in my kitchen, listening to Cluster, our dishwasher rumbling in the background. I thought that the rhythmic sound of the machine fitted Cluster’s music quite well. So I sampled it, restricted myself to organ, sinewave and a guitar with effects (this is basically Cluster’sequipment) and wrote the song. “Der Sound des rhythmischen Unterbaus der „Traumphase“ lässt mich an die Musik von OMD (Orchestral ManoeuvresIn The Dark) aus den Jahren 1980 und 1981 denken. Der Stimmung des Stückes nach muss Uwe Cremer sehr schöne Träume gehabt haben. In seiner eigenen Beschreibung von „Traumphase“ bezieht er sich auf Michael Rother, weist vor allem auf die „soft guitar“, die an einem bestimmten Punkt einsetzt. Ja, da kann ich seine Worte nur bestätigen: wunderbare Klänge, traumhafte Stimmung! Bei „Theta Null“ klammere ich mich an die Worte im Booklet, denn genau das macht den Track aus: Für Level Pi ist „Theta Null“ eine Kombination von Tangerine Dream und Klaus Schulze. „It grows from a minimalistic sequencer/moog intro, later enriched with strings, into a fast sequencer-driven part, descending into chaos and finally returning to the smoothing style of the beginning. ”Dafür, dass Uwe bei „Sonnenwind“ nur an den Knöpfen gedreht und geschaut hat was geht, wie er selber schreibt, ist ein tolles Stück Musik dabei herausgekommen. Ich warte immer auf die musikalische „Explosion“ bei diesem Stück, die aber wesentlich harmloser ausfällt als gedacht. Hier hätte ich mir doch etwas mehr Wucht gewünscht. Trotz einer stark verzerrten E-Gitarre und kräftigen Drums bleiben die Synthesizer eher zurückhaltend. Auffallend bei diesem Album sind die akzentuierten und variationsreichen Drums. Da hört man die Liebe zum „Krautrock“ schon ziemlich deutlich. Uwe macht es dem Hörer nicht durchgängig leicht mit seinen elektronischen Schafen. Dennoch ist das Album unbedingt hörenswert und es lohnt sich, dieser Musik und dem, vielen bislang sicher unbekannten, Musiker ein bisschen Zeit und ein Ohr zu leihen.
Andreas Pawlowski (aus Schalldruck)