Für manche EM-Fans immer noch ein Unbekannter - und dennoch mit 68.000 Followern und einer immens hohen Youtube-Performance im Millionen-Bereich ist State Azure ein unübersehbarer, unüberhörbarer Fels in der Brandung vor Englands Küste.
In seinen zahlreichen Video-Clips präsentiert er immer wieder sein beeindruckendes Equipment, das ständig im Wechsel ist. Im neuen Album war der Waldorf Iridium der Hauptsynthesizer für fast alle Parts, außer für Drums/Percussion, wo ein Moog Sub 37 für Bass und Lead verwendet wurde. Das Konzeptalbum mit dem Titel „To a Distant World“ ist aufgeteilt in 4 lange Tracks, es läßt den Electronic-Liebhaber vor Verzückung mit der Zunge schnalzen. Es beginnt sphärisch und entwickelt sich von Track zu Track immer voluminöser, immer rhythmischer, garniert mit starken Effekten, um schlussendlich im letzten Track wieder schwerelos durchs All zu gleiten. Ein nostalgischer Trip von Tangerine Dream bis Vangelis aber dennoch sehr modern und zeitgemäß. Das fantasievolle Cover-Artwork vom Künstler Brian Sarubbi tut sein Übriges. Zum Album sagt der Musiker selbst: „Meine Inspiration kann von fast überall kommen, aber hauptsächlich kommt sie vom Hören anderer Musik, sowie von Science-Fiction-Filmen oder Dokumentationen über den Weltraum“. Megastarke Space-EM!
https://stateazure.bandcamp.com/album/to-a-distant-world
Will Lücken
Es ist schon interessant die Entwicklung des russischen Musikers Oleg Byonic über die letzten Jahre mitzuverfolgen. Wo er noch früher mit Schiller ähnlichen Sounds ein erstaunlich großes Publikum ansprach, steht heute, mit eigener Handschrift und wachsendem Anspruch, eine immer noch sehr große Fangemeinde (überwiegend aus Russland) zu seiner Musik. Heute nennt er sich „Undyed“ und veröffentlicht ein hochwertiges Ambient-Album mit dem Titel „Until the Horses come home“. Oleg Byonic war früher Gitarrist einer russischen Rock-Band und hat sich erst im Laufe seiner Karriere auf die Keyboards konzentriert. Aus jedem von ihm komponierten Song strahlt eine spürbare Hingabe zu synthetischen Klangflächen aus. Nur selten greift er wieder zur E-Gitarre – und wenn, dann entfalten sich so hypnotische Riffs wie bei altbekannten Gitarren-Heros – zu hören in „Don't let me go“. Das grandiose Album beinhaltet 23 Songs, wo fast jeder einzelne Track eine Offenbarung ist. Wem einige Songs zu melodisch oder zu eingängig sind, kann sich bei anderen düsteren Klängen wieder in die Spur bringen. Bemerkenswert sind die vielen Gesangseinlagen in den cineastischen Sounds. Eine männliche und eine weibliche Gesangsstimme sorgen für ätherische Atmosphäre. Aus der Stille geboren verwandeln sich die Songs in üppige Klanggebilde. Ein besonderes Highlight ist der Titel „We still see Ghosts“ - ein Song, der so schwebend leicht klingt wie eine Ballonfahrt durch geisterhafte Wolken - entspannter Gesang und vielschichtige Arrangements vereinigen sich zu einem göttlichen Sound. Wenn dem 36jährigen Musiker schon jetzt so viele tollkühne Meisterwerke gelingen, wo mag das in Zukunft hinführen?
https://www.youtube.com/watch?v=HpTis60ZGzE
Will Lücken
Wer die Vita von Frank Tischer liest wird nicht nur staunen, sondern auch ziemlich beeindruckt sein, denn sein musikalisches Schaffen ist umringt von so unterschiedlichen Projekten, dass man sich wundert, wie er es auch noch schafft das hiesige EM-Genre zu bedienen. Zugegeben sein Sound und die Kompositionen sind nicht typische EM, sondern eher der hochgradig qualifizierte Output eines Profimusikers, der sich scheinbar in jede Stilistik beamen kann. So auch auf seinem aktuellen Longplayer Mirage, der voller multifunktionaler Tracks ist und besonders jene Liebhaber überzeugen wird, die gerne einen vollen Gemischtladen synthetischer Macharten vorfinden. Pianoreske Pop und Rock-Konstellationen mal gespickt mit retroviraler Einfärbungen der 70er und 80er Jahre wechseln sich ab mit weltmusikalischen Elementen aus Jazz, Funk und Orchester. Zusätzlich Erklärlich aber auch durch das Mitwirken verschiedener hochkarätiger Gastmusiker. Trotzdem gibt es in allen Stücken eine typische Tischer-Handschrift und deren bedeutsame Erkenntnis, dass Mirage (s)eine Erinnerung hinterlässt, Eben genauso, wie bei seinen anderen vielschichtigen Projekten an denen Tischer sonst so arbeitet.
Stefan Erbe
Nach dem 2019er Album „Night Travellers“ haben sich Thomas Lemmer und Andreas Bach erneut zusammengetan um ihr neues Projekt „Pulse“ zu veröffentlichen. Herausgekommen ist eine sehr entspannte Konstellation wohlfühlender Kompositionen, die sowohl als intuitiver Tagessoundtrack funktioniert, als auch zum abendlichen Roibusch-Aufguss in heimeliger Ofenfeuer-Atmosphäre eignet. Verstärkt wird die vielschichtige Klangperfektion durch eine sehr schicke Transparenz an vokalen Tracks und selektiven Ausbrüchen aus dem Gesamtstimmungs-Kontext, erzeugt durch leichte Stilbrüche und veränderte Instrumentierungen. Vielstimmiges Album mit einigen unterschiedlichen Highlights.
http://www.sine-music.com/artists-archive/sine-artists-thomas-lemmer/
Stefan Erbe