Der Belgier Johan Geens ist schon 3 Jahrzehnten mit seiner Musik in den europäischen Gefilden unterwegs und zeigt sich auch aktuell wieder einmal sehr variabel, obwohl sich sein neuester Streich GU, durchaus in die Serie frühere Veröffentlichungen einreihen kann. Aber nicht nur durch die diversen Kooperationen mit Künstlern wie Erik Wollo, Roksana Vikaluk und Robert Rich gewinnt das Album nochmal an Qualität, auch die Solo-Tracks verbinden die Ambient-Athmosphäre gekonnt mit den restlichen Downbeat-Nummern. Herauskommt ein Album, dass im besten Fall ausgiebig und intensiv gehört werden sollte, damit man die tiefsten Stellen des Universum nicht versehentlich überflogen hat.
https://wool-e-tapes.bandcamp.com/album/wed020-gu
Stefan Erbe
Manchmal ist es wirklich überraschend, auf welche tollen Alben man so trifft. Zumal es sich bei Eat Static nicht einmal um eine neue Gruppe handelt; das Musikprojekt ist bereits seit Anfang der 1990er Jahre in der elektronischen Musik aktiv, wenn auch zunächst eher im Tanz-Bereich. Mit Last Ship to Paradise gibt es nun eine Neuveröffentlichung, die mich gleich mit dem Einstiegstitel eingefangen hat. Ich würde den Stil als chillig progressiv einordnen, die Musik zählt also schon zu den eher rhythmisch fokussierten Spielarten. Aber beileibe nicht einer gradliniger Tanzmusik, mit Abstechern in die Randgebiete von Elektronica und IDM.
Was für mich den Reiz dieses Albums ausmacht, ist das Gesamtpaket aus Klang und Variantenreichtum. Beide Ohren und die Masse dazwischen bekommen bestens zu tun, erhalten eine detaillreiche und teilweise treibende Akustikverkostung, die keine Langeweile zulässt. Ich habe dabei abschnittsweise das Gefühl, etwas Vertrautes zu hören, dass dann aber überraschend abbiegt und einen anderen Weg nimmt, als vermutet.
Bezug: https://eatstatic.bandcamp.com/album/last-ship-to-paradise
Stefan Schulz
Es gibt CDs, die ich erst einmal ein paar Mal hören muss, bis sie sich mir erschließen, und es gibt Alben, die gleich bei der ersten Runde bei mir ins Schwarze treffen. Stefan Erbes neueste Kreation "Genesys" gehört ohne Frage zu denen, die ich sofort ins Herz geschlossen habe.
Nach seinem letztjährigen Ausflug in die Klassik führt uns die Reise dieses Mal wieder in die Tiefen des Alls. Für den Macher der "Sound of Sky"-Reihe ist das kein ungewohntes Terrain, und an einigen Stationen des Weges meint man Elemente und Sounds früherer Alben wieder zuerkennen, sei es von seinen Soloalben oder den beiden mit Steve Baltes. Das heißt nun aber überhaupt nicht, dass uns hier nur Neuauflagen von Bekanntem geboten werden - ganz im Gegenteil. Eine Computerstimme ganz zu Anfang gibt das Motto vor: "Open your eyes". Was die musikalischen Strukturen angeht, werden neue Wege beschritten. Klassische Erbe-Sounds scheinen immer wieder durch, werden aber sogleich gebrochen und auf neue Weise wieder zusammengesetzt.
So habe ich am Ende dieser Reise, das die gleiche Stimme mit "Our mission is complete" kommentiert, einen ähnlichen Eindruck wie nach der "Selectronique Debussy": Einerseits ganz und gar zu Hause zu sein, und andererseits in neue Sphären getragen worden zu sein. Mit 'Lightspeed' legt Stefan Erbe dann noch den passenden "Rausschmeißer" oben drauf. Perfect Job, Captain - pardon, Leutnant - Erbe!
Alfred Arnold
Gleich als Doppel-CD kommt Bertrand Loreaus neues Album daher, und stattliche vierzig Tracks sind auf diesen beiden Scheiben versammelt. Das ist eine ungewöhnliche Zahl, kannte man Bertrand Loreau doch bisher eher als Vertreter der Berliner Schule mit wenigen langen Tracks. Auf "Finally" zeigt er sich von einer anderen Seite, hier ist eine Reihe melodisch-warmer Titel versammelt, die in den letzten Jahrzehnten seines musikalischen Schaffens entstanden sind. Teilweise sind diese schon an anderer Stelle veröffentlicht worden, teilweise erblicken sie auf diesem Album zum ersten Mal das Licht der Öffentlichkeit.
Wer ein kunterbuntes Sammelsurium von Einzel-Tracks oder gar Stückwerk befürchtet, wird aber angenehm überrascht. Die Zusammenstellung ist gelungen, die einzelnen Titel passen so gut zusammen, dass dieses Album wie aus einem Guss wirkt. Das künstlerisch gestaltete Cover, das eine Mischung akustischer und elektronische Instrumente zeigt, passt zur dieser liebevollen Gestaltung - es würde sich auch sehr gut als Bildschirm-Hintergrund für den Musikfreund machen.
Für mich ist "Finally" ein Album, um sich dabei mit einem guten Buch im Sessel zurückzulehnen oder einfach nur abzuschalten. Freunde harmonisch-warmer Musik mit einer nicht zu überhörenden Prise klassischer Elemente werden daran ihre Freude haben. Wer bisher in erster Linie den "Berliner Bertrand" gekannt und geschätzt hat, sollte vielleicht erst einmal probe hören, ob man sich auch mit dieser Seite von Bertrand Loreaus Schaffen anfreunden kann.
Bezug: Spheric Music
Alfred Arnold
Als ich die ersten Klänge dieses Albums hörte, musste ich mir erst einmal die Ohren reiben. Tatsächlich handelt es sich nicht um ein Album von Kraftwerk, die sich der populären Musik zugewandt haben. Sondern es ist das brandneue Album von Orchestral Manoeuvres in the Dark, oder kurz OMD. Mit The Punishment of Luxury erscheint am 1. September ihre dreizehnte Scheibe. Die beiden Bandgründer Andy McCluskey und Paul David Humphreys sind Kraftwerk-Fans der ersten Stunde. Und dem neuen Album hört man dies durchweg an.
Mit diesem Werk präsentieren OMD ein schönes und sehr elektronisches Album mit unverkennbaren Wurzeln in dem Gründungsjahrzehnt der 80er Jahre. Vollgepackt mit synthetischen Klängen ergießen sich 12 Synthpop-Tracks in das Ohr des geneigten Hörers. Das zugrundeliegende Thema ist der vorherrschende Konsumterror, der uns, trotz verbessterter Lebensqualität, nicht glücklich werden lässt. Die Stücke sind jedoch keine depressiven Klanggemälde, sondern poppig melodisch verpackte Kurzerzählungen mit stark industrieller Anmutung.
The Punishment of Luxury ist eine gelungene Mischung aus musikalischer Referenz an die Ursprünge der Band als auch elektronischer Experimentierfreude. Dies zeigt insbesondere der leider recht kurze Track La Mitrailleuse. Aber auch eher typische OMD-Balladen finden sich auf der Platte, wie One More Time und The View From Here. Eine gute dreiviertel Stunde Hörspaß für Fans des Elektronischen.
Homepage: http://www.omd.uk.com
Tourdaten (Deutschland):
- 26. November 2017 - Hamburg
- 28. November 2017 - Berlin
- 29. November 2017 - Leipzig
- 30. November 2017 - München
- 2. Dezember 2017 - Offenbach
- 3. Dezember 2017 - Düsseldorf
Stefan Schulz